Mein goldener Schwedischbaum / Schwedisch bei Duolingo

Ich habe diese Woche meinen Schwedischbaum vergoldet und bin ehrlich ganz zufrieden damit, aber auch froh, daß es geschafft ist 🙂 In den letzten Wochen habe ich ziemlich viel Schwedisch und fast kein Norwegisch gemacht und in der kommenden Woche fängt mein Norwegischkurs wieder an. Perfektes Timing also, um mich wieder auf meine eigentliche skandinavische Sprache zu fokussieren.

Der Schwedischkurs bei Duolingo ist bei weitem nicht so groß wie der Norwegischkurs. Das bedeutet unter anderem, daß man insgesamt etwas größere Schritte macht und weniger Worte lernt. Nach dem Norwegischkurs fühlte ich mich superfit und sicher genug für flüssige Konversationen, aber das ist bei Schwedisch anders. Vielleicht auch (aber nicht nur), weil ich Schwedisch gar nicht so profund lernen wollte, denn hätte ich das gewollt, hätte ich nebenher noch Bücher durchgearbeitet und mir einen Lehrer gesucht, was ich beides nicht gemacht habe. Mein Ziel ist jedoch erreicht: ich verstehe Schwedisch jetzt sehr viel besser, denn es hat schon ein paar deutliche Unterschiede zum Norwegischen. Zuletzt hat das mit Schwedisch so gut geklappt, daß ich auch hier unbekannte Worte erraten konnte.

Als ich mir vor zwei Jahren überlegt habe, daß ich eine festlandskandinavische Sprache lernen möchte, habe ich ja in Schwedisch, Norwegisch und Dänisch reingeguckt und mich für Norwegisch entschieden, weil mir seine Aussprache am klarsten und verständlichsten vorkam, und das hat sich für mich bestätigt. Schwedisch klingt teilweise für mich so, als hätte jemand etwas ganz tief im Rachen stecken und müßte es ein wenig herauswürgen, um zu sprechen 🙂 Daher fand ich Norwegisch auch etwas eingängiger zu lernen – nicht wirklich einfacher, aber besser verständlich, besser herleitbar und zu memorieren.

Der Gedanke, mir nun auch noch Dänisch anzugucken, ist mir natürlich schon gekommen, aber ich weiß nicht, ob ich das (jetzt) machen soll. Eigentlich wäre ich schon an einer neuen Sprache interessiert, fühle mich aber noch immer ausgebrannt und motivationslos. Dazu kommt, daß ich in den letzten Wochen, wo ich jeden Tag ein bißchen Spanisch bei Duolingo gemacht habe, den Ehrgeiz entwickelt habe, mir diesen Baum auch noch zu vergolden. Ich denke, viel Neues lerne ich da nicht, aber ach…es wäre doch nett, wenn hinter meinem Nickname drei Flaggen mit 25 stehen würden 🙂 Vielleicht dann also Dänisch später mal.

Übrigens soll der Schwedischbaum bei Duolingo neu aufgesetzt werden und sich am Norwegischkurs orientieren, d.h. wer solange wartet, bis der neue Baum verfügbar ist, wird sicher noch leichter und profunder Schwedisch lernen können.

Sprachlernpläne für 2021

In meiner Sprachlern-Blase planen gerade viele Menschen, was sie 2021 lernen wollen, stecken ihre Ziele ab, sichten Ressourcen, kaufen Kurse und Bücher und scharren mit den Hufen. Dieses Jahr teile ich diese Vorfreude auf das neue Lernjahr nicht. Mich hat ein Burnout erwischt, der zweite in meinem Leben, den ich klar als solchen erkennen und benennen kann. 2020 war kein gutes Jahr für mich, und das hat nun wirklich gar nichts mit Corona zu tun. Tatsächlich empfand ich es oft so, daß die Corona-bedingten Veränderungen mir als Aspie entgegenkommen, wie etwa die Kontaktbeschränkungen, die Vermummung der Gesichter (die ich sowieso nicht erkenne und die mich mit ihrer Mimik meistens einfach nur verwirren), das Abstandhalten und auch das große Online-Angebot, das entstanden ist (Kurse, Veranstaltungen, …). Schon im Herbst 2019 habe ich von heute auf morgen meine Gehfähigkeit eingebüßt und 2020 habe ich komplett im Rollstuhl verbracht, oft unter unmenschlichen Schmerzen. Ohne meine Sprachen wäre ich in diesem Jahr durchgeknallt.

Etwa im Juni war ich nach nur 15 Monaten Norwegisch an einem Punkt angekommen, wo es mich nicht mehr genug forderte. Da fing ich an, auch Schwedisch zu lernen, was ich immer noch fast täglich mache. Im August befaßte ich mich mit Isländisch und kann es nun recht gut verstehen. Im September und Oktober – in der zweiten strikten Bettruhe in diesem Jahr – habe ich mir beigebracht, wie man Arabisch liest und schreibt. Im Dezember dann habe ich mir Russisch und Schottisch-Gälisch angesehen. Ganz schön viel für ein Jahr, vielleicht zuviel, und ich vermute, das alles hat zum Burnout beigetragen, denn egal, wie sehr man Sprachen liebt, es kann auch zuviel sein. Insbesondere dann, wenn man andere existenzielle Sorgen hat.

Im Moment kann ich nicht viel lernen, weil sich mein Kopf anfühlt, als wäre er schon voll. Eigentlich übervoll, denn ich habe viele Tage, an denen ich fast keinen Zugriff auf Spanisch habe. Es ist wie eine Tür, die nicht aufgeht, und das ist superfrustrierend. Ich versuche, diese Blockade ganz sanft zu überwinden, indem ich jeden Tag einen Skill des Duolingokurses Spanisch-Englisch vergolde. Das ist nicht viel und auch nicht fordernd, aber es zeigt mir, daß es nicht wirklich weg ist. Das ist wichtig.

Pläne schmieden kann ich in diesem Zustand nicht. Ich schleppe mich von Tag zu Tag und erlaube mir, uninspiriert und ziellos zu sein – aber diese Zustände muß man auch erstmal aushalten. Das fällt mir schwer. Ich habe eigentlich nie konkrete Lernpläne für bestimmte Zeiträume, weil ich auf den Prozeß vertraue, aber so herumzuschwimmen, ist schon sehr seltsam. Dazu kommt, daß mich Fiktion meist rasend schnell langweilt und ich daher in keinem fiktionalen Universum versinken kann wie im Sprachlernuniversum. Fiktion fasziniert mich nicht. Ich empfinde sie oft nur als Zeitkiller und habe keine Geduld für Serien, deren Handlung man in fünf Sätzen zusammenfassen kann, während ich acht oder zehn Stunden meiner Lebenszeit opfere. Aber womit füllt man sonst die Lücke, die das intensive Lernen in jedem Tag hinterläßt, wenn man damit pausiert?

Ich wollte eigentlich noch im Dezember eine Entscheidung treffen, welcher Sprache ich mich als nächstes ernsthaft zuwende, wobei „ernsthaft“ für mich bedeutet, daß ich sie bis auf Niveau C1 lernen würde. Ich kann das gerade nicht. Ich sehe zur Zeit keinen Weg vor mir, bin nur erschöpft und eben ausgebrannt. Anders als bei meinem ersten Burnout habe ich mir jetzt direkt Hilfe gesucht und auch hier kommt mir Corona entgegen: ich kann im Januar eine weitere Therapie bei derselben Therapeutin beginnen, die mich schon ein paar Jahre begleitet hat, und für ihr bereits bekannte Patienten kann sie das Ganze online anbieten (was vor Corona ein Ding der Unmöglichkeit gewesen ist). Das ist absolut genial und ich freue mich sehr darüber. Vielleicht löst das ja auch diese Lernblockade.

Von Plänen für das neue Jahr zu sprechen, ist also gerade nicht möglich. Mein Wunsch wäre, mir Norwegisch und Spanisch auf dem C1-Niveau zu erhalten. Das bedeutet, ich werde weiterhin Lehrerstunden buchen; Sprachaustäusche mache ich eigentlich nicht mehr, weil ich gemerkt habe, daß es sich für mich entspannter anfühlt, jemanden dafür zu bezahlen, weil das bedeutet, daß ich da kein schlechtes Gewissen haben muß, wenn ich mich auf meine Schwerpunkte und Interessen konzentrieren kann. Dazu werde ich regelmäßig Vokabeln wiederholen, Texte lesen und schreiben und bei Duolingo weitermachen. Ein Wunsch wäre auch, eine neue Sprache zu finden, die mich so packt, daß ich sie bis C1 lernen will. Ich denke, der richtige Weg dahin wird sein, dem Burnout seinen Platz einzuräumen, die Therapie zu beginnen und soviel in unterschiedliche Sprachen reinzugucken, wie es mir Freude macht, bis etwas wirklich zündet.

Eine Frage, die für mich in diesem Jahr aufkam, war, wieviel Sinn es für mich macht, Sprachen zu lernen, wenn ich kaum reisen kann (das hat wieder nix mit Corona, sondern mit meiner Körperbehinderung zu tun). Ich habe mir die Behinderung mit Mitte 20 zugezogen, also in einer Zeit, wo andere Leute sich ausprobieren, reisen, im Ausland leben. Das wurde mir einfach genommen, gestohlen. Kann ich das in meinem späteren Leben nachholen? Will ich im Ausland leben, macht das Sinn für mich?  Wäre das mit Behinderung und allem, was damit verbunden ist, machbar? Und wo überhaupt? Eigentlich lerne ich vor allem Sprachen, weil ich ihre Systematik und ihre Ästhetik liebe, aber ich hätte schon gern die Option, sie auch mal im Ausland anzuwenden, nicht nur bei einem Lehrer vorm heimischen PC. Das, was ich aufgrund meiner Körperbehinderung nicht kann und nicht habe, brennt in diesem Jahr in mir, und es tut wirklich weh. Im Grunde bin ich in diese Lage geraten, weil ein Schuhmacher zu dämlich war, seinen Job zu machen – mehr als sechs Jahre lang. Die Abhängigkeit von Zeug und die Abhängigkeit von anderen nervt mich massiv. Ich sehe mich selbst eher als Mensch, der mit einer handvoll Dingen auskommt und aus dem Rucksack leben könnte, immer auf Wanderschaft. Ich bin neugierig auf andere Kulturen, andere Sprachen, andere Gegenden. Daß mein eigener Körper, daß Zeug mich so derart blockiert und von allem abhält, was ich will, ist einfach zum Kotzen. Manchmal macht mich Sprachenlernen also auch traurig, vor allem wenn mir andere erzählen, daß sie ins Ausland gehen werden und dafür eine Sprache lernen.

Hatte 2020 etwas Gutes für mich? Ja, durchaus. Ich habe Norwegisch bis auf ein hohes Niveau lernen können und zwei richtig tolle Lehrer gefunden, einen für Norwegisch, einen für Spanisch. Ich habe mehr Zutrauen in meine Fähigkeiten bekommen, und auch in den Prozeß. Ich habe gelernt, mehr bei mir selbst zu bleiben und nicht zu verschwimmen, weder im Angesicht all der Möglichkeiten, Quellen und Programme, die es gibt, noch wenn andere von ihrem Lernprozeß erzählen. Dafür bin ich wirklich dankbar, aber alles in allem kann 2020 mich mal am Arsch. Nicht wegen Corona.

Norwegisch #91

Diese Woche habe ich mein Lehrergespräch und meinen Kurs gehabt, habe ein paar Duo-Lektionen wiederholt und mit meiner Lernbekannten getextet. Ihr Adventskalender für mich ist angekommen und ich freue mich total darauf, ihn zu bearbeiten.

Ansonsten habe ich immer noch dieses Hangover-Gefühl und weiß nicht recht, wie es weitergehen soll. Mein Ziel habe ich eigentlich erreicht. Ich denke, ich wechsle gerade so allmählich vom aktiven Spracherwerb zum Spracherhalt über, also in einen ähnlichen Zustand, in dem ich auch seit zwei Jahren für Spanisch bin. Man lernt natürlich immer noch was dazu und es ist wichtig, sich die Kenntnisse und Fähigkeiten zu erhalten, aber man ist aus dem Gröbsten raus, wenn man das so sagen will. Es gibt noch zwei, drei Bücher, die ich nach und nach bearbeiten möchte, doch ich erwarte nicht, daß ich dadurch noch etwas Essentielles lernen werde.

Ich habe seit Juni schon immer mal wieder in andere Sprachen reingeschnuppert und erkenne daran, daß es Zeit ist, weiterzuziehen. Nur mit Norwegisch bin ich nicht mehr ausgelastet, und auch wenn ich seit dem Frühsommer wieder viel mehr Spanisch mache, fehlt es mir, etwas ganz Neues zu lernen. Ich denke also, innerhalb dieses Jahres werde ich mir wohl noch ein neues Projekt suchen, und ich habe schon eine Ahnung, was das sein wird. Darüber später mal mehr, wenn ich mich wirklich entschieden habe, denn zur Zeit schwanke ich noch etwas zwischen zwei Sprachen.

Das sind auch die Gründe dafür, warum ich nicht weiß, ob ich weiterhin darüber bloggen soll, was ich für Norwegisch mache, denn eigentlich hatte ich geplant, das nur solange zu machen, wie ich brauchen würde, um mich fließend auszudrücken, quasi als Dokumentation meiner Lernreise vor allem für mich selbst, aber auch für andere, die das interessiert. Die meisten, die Sprachen lernen, erzählen ja nicht so richtig, was sie von Tag zu Tag oder von Woche zu Woche machen, und ich wollte das gern mal nachhalten. Die wichtigsten Erkenntnisse aus den letzten 91 Wochen lauten:

  1. hab Vertrauen in den Lernprozeß. Manches braucht etwas länger, bis es sich ordnet, und manche Formulierungen oder Vokabeln wird man de facto fast nie brauchen, weswegen es nicht schlimm ist, daß nicht alles haften bleibt.
  2. mach möglichst jeden Tag ein bißchen. Wie sich dieses Bißchen definiert, hängt von vielen Faktoren ab, aber mach auf jeden Fall täglich mehr als nichts.
  3. fang früh mit dem Sprechen an, am besten gleich an Tag 1. Sag einzelne Worte vor Dich hin, wiederhole Sätze aus den Sprachprogrammen, die Du benutzt, und such Dir, sobald Du das Essentiellste ausdrücken kannst, einen für Dich angenehmen Lehrer, der Dich geduldig unterstützt und mit dem Du Dich wohlfühlst.
  4. schreib viel mit der Hand. Tippen geht zu schnell und übergeht die Motorik. Fertige alle Notizen und Vokabelkarten handschriftlich an und schreibe später nur längere Texte am PC.
  5. sorg dafür, daß Du Dich mit den Materialien wohlfühlst. Es gibt Bücher oder Programme, die man nicht mag, und mit ihnen zu lernen, macht dann einfach nicht genug Spaß, um motiviert zu bleiben.
  6. lerne von Anfang an viele Vokabeln, je breiter gefächert, desto besser. Wiederhole sie regelmäßig, wenigstens zwei Jahre lang, und später in größer werdenden, unregelmäßigen Abständen. Was Du nicht benutzt, könntest Du sonst leicht verlieren.
  7. gib nicht soviel auf die Methoden anderer. Du weißt wahrscheinlich längst selbst, was Dir hilft und was Dir bloß Zeit raubt.
  8. vergleiche Dich auch in anderen Hinsichten nicht mit anderen. Erfreue Dich am Austausch, aber laß Dich nicht entmutigen, wenn der Lernfortschritt anderer augenscheinlich „besser“ oder „größer“ ist als Deiner. Sieh alles nur als Anregung, als Vorschlag an, was andere berichten, und bleib Dir und Deinem Ziel treu.
  9. lerne vielfältig und benutze möglichst viele unterschiedliche Materialien und Quellen.
  10. sei diszipliniert, ohne Dich unter Druck zu setzen. Mach das Lernen zu einer Priorität, wenn Du wirklich vorankommen willst. Mach Pausen, wenn Du sie brauchst, aber vermeide es, durch Prokrastination inneren Druck aufzubauen und ein schlechtes Gewissen zu entwickeln.

Ja, und ich glaube, damit schließe ich meine wöchentlichen Einträge über das Norwegischlernen ab 🙂

Bookshelf-Videos

Ich habe diese und letzte Woche eine Menge Videos von Polyglotten geguckt, die ihre Bücherregale filmen und dazu erklären, welche Bücher sie benutzen. Manche geben auch kurz an, wie sie ein Buch finden und warum sie es gekauft haben. Dabei ist mir aufgefallen, daß viele Menschen eine Menge Bücher besitzen, einfach nur, um sie zu haben oder zu archivieren. Wie ich schon öfter schrieb, bin auch ich bei der Anschaffung von Büchern zum Sprachenlernen SEHR sterblich. Ich merke aber in diesem Jahr, wo ich meinen Fokus auf das ausrichte, was ich bereits besitze, daß es sich für mich traurig anfühlt, solche Arbeits- und Übungsbücher nur im Regal stehen zu haben, denn eigentlich hat es überhaupt keinen Nutzen, ein solches Buch zu haben, aber nicht zu bearbeiten.

Als ich angefangen habe, Spanisch zu lernen, habe ich mir wirklich sehr viele Bücher gekauft. Meine Motivation dahinter war, daß ich absolut sichergehen wollte, von genug unterschiedlichen Quellen zu lernen, damit ich am Ende ein gutes bis sehr gutes Spanisch spreche. Das ist mir auch gelungen, aber das lag nicht an der breiten Auswahl an Büchern 🙂 Tatsächlich habe ich viele davon nur gekauft und danach nie wieder zur Hand genommen, und sofern es nicht eine mystische und arbeitsfreie Buch-zu-Hirn-Wissensübertragung gibt, hat mir die Tatsache, diese Bücher im Regal stehen zu haben, gar nichts gebracht. Der Teil von mir, der am liebsten jedes Sprachlernbuch haben möchte, das es so gibt, argumentiert dann, daß die Anschaffung vieler Bücher zu der Sprache, die man aktiv lernt, immerhin beweist, wie ernst es einem damit ist. Und in gewisser Weise stimmt das auch. Aber solange man diese Bücher nicht auch wirklich durcharbeitet, ist ihr Kauf weiterhin sinnlos und nimmt eigentlich nur Platz weg. Und Geld auch. Ressourcen also, die man, wenn man mehr als eine Sprache lernt oder auch noch andere Hobbies hat (so Leute soll es ja geben…), anderweitig nutzen könnte. Ich denke, mit der Binge-Anschaffung von Büchern, wenn man beginnt, eine neue Sprache zu lernen, ist auch die Unsicherheit verbunden, mit welchem Autor/System/Buch man am besten klarkommt, also „am besten mal alles kaufen, dann wird schon was dabeisein!“. Auch das hilft beim eigentlichen Lernprozeß überhaupt nicht, zumal man ja auch noch ein anderes Buch kaufen könnte, wenn man beim ersten Werk feststellt, daß es nichts für einen ist. Ich glaube, daß eine Menge Geld mit diesem Verhalten im Fremdsprachen-Sektor gemacht wird, weil Leute hoffen, daß sie eine Sprache tatsächlich lernen werden, wenn sie nur genug Geld dafür ausgeben. Aber die Wahrheit ist nunmal, daß man eine Sprache nur lernt, wenn man sich wirklich aktiv mit ihr befaßt – auch wenn das ganz kostenlos ist… Das gilt natürlich auch für Online-Kurse, die in den letzten zehn Jahren echt wie Pilze aus dem Boden geschossen sind.

Etwas, das ich sehr gut verstehe, auch wenn es vollkommen irrational ist, ist etwas, das ich mal „das Wohlgefühl der Archivare“ nennen will. Schließlich kann das Wissen in einem Buch, das man im Regal stehen hat, nicht so einfach verloren gehen, und sollte man es irgendwann einmal brauchen, hat man es gleich zur Hand. Ich habe dieses Gefühl für alle Genres abgesehen von Sprachlernbüchern ablegen können – sogar Kochbücher kann ich inzwischen weiterziehen lassen, sofern ich sie nicht wirklich supergern mag (meine Jamie Olivers bleiben alle da, wo sie sind^^). Aber Sprachlernbücher sind irgendwie anders. Sie zu besitzen, heißt, daß ich das Wissen in ihnen besitze und daß es mir niemand streitig machen oder wegnehmen könnte. Wenn ich also in 40 Jahren plötzlich nochmal meine Subjuntivo-Kenntnisse auffrischen wollte, könnte ich das problemlos machen. An dieser Stelle rolle ich beim Schreiben übrigens mit den Augen, weil mir klar ist, wie irrational das Horten von Büchern hier ist. Schon heute gibt es mehr über das Subjuntivo, das ich mal als ganz beliebiges Beispiel rausgegriffen habe, im Internet zu finden als in meinen Büchern dazu steht. Ich nehme an, in 40 Jahren wäre das wohl noch genauso. Und natürlich könnte auch etwas ganz Unvorhergesehenes passieren, wodurch meine Bücher zerstört werden könnten. Ich glaube allerdings, daß mein Wunsch, Wissen physisch zu besitzen, möglicherweise auch mit meinem Autismus verknüpft sein könnte, denn bei unseren Spezialinteressen sind wir Aspies ziemlich obszessiv. Mir tut es einfach gut, mich mit meinem Spezialinteresse zu beschäftigen und mich mit ihm zu umgeben. Schon der Anblick meiner Sprachlernsachen (nicht nur der Bücher) erfreut und beruhigt mich. Sie sind eben eine Welt für sich. Nichtsdestotrotz versuche ich, mir immer wieder klarzumachen, daß ich nicht dafür verantwortlich bin, dieses Wissen für andere zu archivieren, weil es dafür Bibliotheken und Online-Portale gibt.

Mir ist wichtig, daß die Anschaffungen neuer Bücher nicht eskalieren, aus der Erfahrung heraus, in den letzten 10 Jahren tausende von Büchern abgegeben zu haben. Mein Ziel war es früher mal, in einer regelrechten Privatbibliothek zu leben, was ich mit Anfang 30 auch erreicht hatte, aber de facto hat mich soviel Besitz einfach nur erschlagen, zumal es eher mehr als weniger Bücher wurden. Dahin will ich nie wieder zurück.

Konkret halte ich mich also an folgende Regeln:

  1. es werden nur Bücher zu Sprachen angeschafft, mit denen ich mich ernsthaft befassen möchte (auch wenn ich sie dann nur verstehen und nicht aktiv nutzen will)
  2. wo es geht und wo es sich ok anfühlt, greife ich auf gebrauchte und daher günstigere Bücher zurück oder nutze das Angebot der Bibliotheken
  3. keine Spontankäufe
  4. vorm Kauf genau sondieren, wie sinnvoll das Buch tatsächlich ist

Zum ersten Punkt: bei den oben erwähnten Bookshelf-Videos habe ich gesehen, daß viele polyglotte Menschen dazu neigen, sich Bücher für Sprachen zu kaufen, die sie gar nicht wirklich lernen können oder wollen (z.B. weil ihnen die Zeit dafür fehlt oder die Sprache sie gar nicht wirklich interessiert), einfach um sie zu besitzen. Und auch, wenn ich das sowas von gut nachvollziehen kann, habe ich das nie gemacht und werde damit auch nicht anfangen. Für mich war es schon mit einem schlechten Gefühl verbunden, mir einige Japanisch-Bücher gekauft, aber nie ernsthaft Japanisch gelernt zu haben, und wenn das nun für mehr als eine Sprache der Fall wäre, würde mich das echt stressen. Es nimmt dann nur wieder Platz weg und irgendwie scheinen solche Bücher bzw. unfertige oder nicht einmal angefangene Projekte allgemein ein sehr schlechtes Gefühl in mir auszulösen. Ich schließe gern ab, was ich anfange, auch wenn es sich zum Teil über einen langen Zeitraum hinzieht, wie das beim Sprachenlernen eben so ist. Für Schwedisch wußte ich z.B., daß ich es nicht wirklich aktiv benutzen können möchte, aber mich störte, daß ich nicht so viel verstand, wenn ich es irgendwo hörte. Ich habe mir also ein Lehrbuch für A1/A2 und eine Kurzgrammatik gekauft (ok, sind wir ehrlich: über die drei festlandskandinavischen Sprachen ist mit einer Kurzgrammatik ja auch alles gesagt…) und habe beides immer noch in Arbeit. Mein Ziel, Schwedisch zu 80% zu verstehen, habe ich längst erreicht, aber ich schließe diese Bücher noch ab, bevor ich sie in den Schrank räume. Dann kann ich einen Haken an die Sache machen und habe nicht mehr das Gefühl, daß da noch etwas unerledigt ist.

Zum zweiten Punkt: viele Sprachlernbücher sind meiner Ansicht nach unnötig teuer, vielleicht weil Menschen zu denken scheinen, wenn sie etwas mehr dafür ausgeben, zaubert ihnen ein Buch magisch die Sprache auf die „Festplatte“. Wenn man sich für viele Sprachen interessiert, kann das also echt richtig teuer werden. Daher gucke ich gern mal nach gebrauchten Büchern oder benutze das Angebot der Bibliotheken. Isländisch war so ein Fall. Da habe ich nur zwei Bücher aus der Bib ausgeliehen, um mir in groben Zügen beizubringen, wie Isländisch funktioniert, und da ich nicht vorhatte, mehr daraus zu machen, hat das auch gereicht. Gebrauchte Bücher zu kaufen, ist für mich allerdings manchmal heikel. Ich habe schon etliche Sprachlernbücher gebraucht gekauft, von denen es hieß, sie hätten ein paar Anstreichungen drin; am Ende stellte sich heraus, daß Dreiviertel der Seiten eng mit Kugelschreiber beschrieben waren. Das ist natürlich besonders ärgerlich, wenn man die Übungen eigentlich gern noch selbst gemacht hätte. Dazu kommt, daß gebrauchte Bücher manchmal nicht gerade geliebt wurden und dann irgendwie knittrig, miefig oder sonstwie unangenehm sind. Würde ich ein Buch nicht mit ins Bett nehmen, kann ich damit auch nicht arbeiten – jedenfalls trifft das auf Sprachbücher zu. Bei Unterhaltungsliteratur bin ich da viel weniger pingelig und leihe mir auch dann gern etwas im Bücherschrank aus, wenn es zerfranst ist, weil ich weiß, daß ich es danach wieder dort einstelle. Da ist mir das egal.

Zum dritten Punkt: Spontankäufe waren früher ein ganz großes Problem, zum einen monetär, zum anderen aber auch, weil dieses impulsive Shopping-Verhalten dazu führte, daß der Platz und meine freie Zeit unnötig abnahmen. Heute packe ich mir alles, was ich gern haben will, erstmal auf einen Wunschzettel, also nicht nur Bücher. Und dann warte ich ein paar Wochen ab. Viele Wünsche erledigen sich von selbst und am Ende bin ich immer froh, das Ding nicht direkt gekauft zu haben. Von dieser Regel mache ich nur dann eine Ausnahme, wenn ich ein echtes Schnäppchen finde. Ein Beispiel: neulich interessierte ich mich für ein Buch, das es nur noch gebraucht für 50 € aufwärts gab. Einen Tag später bot ein Antiquariat es für schlappe 3 € an. Da mußte ich einfach zuschlagen. Sollte das Buch dann doch nicht meine Erwartungen erfüllen, kommt es in den Bücherschrank, ohne daß es ein großer finanzieller Verlust für mich wäre. In besagten Bookshelf-Videos konnte ich auch mal einen Blick in die Sprachabteilungen von ausländischen Buchhandlungen werfen und war zum Teil echt überwältigt von deren Angebot, weil man dort wirklich von einer „Abteilung“ reden konnte. In meiner Region kann ich schon froh sein, wenn dem Sprachenlernen mehr als ein verschämtes Regalbrett gewidmet wird, und daß dann noch etwas anderes als Deutsch als Fremdsprache, Englisch, Französisch und Italienisch darin steht, kommt nur selten vor (und wenn, dann vielleicht Wörterbücher im Winzformat, damit das Geschäft sagen kann, daß es was in vielen Sprachen vorrätig hat). Insofern verstehe ich andere Polyglotte durchaus, die sich beim Besuch eines solchen Buchladens zu Spontankäufen verleiten lassen. In einer physischen Buchhandlung der Verlockung zu verstehen, erfordert echt eine Menge Willenskraft 🙂

Zum vierten Punkt: viele Bücher, die hübsch aufgemacht sind oder aufgrund ihrer Dicke den Eindruck vermitteln, daß man mit ihnen gut versorgt sei, sind bei näherer Betrachtung dann doch vielleicht nicht so gut, zum Beispiel weil man das, was sie vermitteln, bereits kann, oder weil sie eine für einen selbst unpassende Lehrmethode verfolgen. Diese Bücher sind nicht hilfreich und daher wäre es reine Geldverschwendung, sie anzuschaffen. Auch wenn sie ganz toll im Regal aussähen, einen wichtig klingenden Titel haben oder weil „jeder“ sie hat. Ich habe da so eine Erfahrung mit einer amerikanischen Sprachlernreihe gemacht, von der offenbar so ziemlich jeder begeistert ist außer mir 🙂 Ich habe mir insgesamt drei Bücher für zwei Sprachen gekauft und fand sie alle doof, weil sie sehr oberflächlich sind und die enthaltenen Übungen ein Witz waren. Es ist ganz egal, wie super andere Sprachenthusiasten diese Buchreihe finden – für mich lohnt sie sich nicht. Ich denke, wenn man schon länger Sprachen lernt, weiß man selbst am besten, was einem hilft, und kann dann besser bei der Anschaffung darauf achten. Allerdings gibt es auch immer wieder den Moment, wo ich feststelle, daß es das, was ich eigentlich gern hätte, überhaupt nicht gibt, weil noch niemand dieses Buch geschrieben hat 🙂

Adventskalender zum Sprachenlernen

Als mein Mitbewohner mich fragte, was für einen Adventskalender ich dieses Jahr gern haben möchte, sagte ich, daß ich es eigentlich cool fände, wenn es einen zum Lernen gäbe. Für Norwegisch gibt es allgemein nicht so wahnsinnig viele Materialien, aber ich dachte, vielleicht ja für Spanisch. Meine Überraschung war groß, als ich feststellte, daß offenbar noch niemand abgesehen von mir auf die Idee gekommen ist, einen Sprachlern-Adventskalender haben zu wollen (oder herzustellen). Der Mitbewohner und ich einigten uns derweil auf einen anderen Adventskalender, aber die Idee ließ mich nicht los. So fragte ich dann meine Norwegisch-Lernbekannte, ob sie nicht Lust hätte, daß wir uns gegenseitig so einen Kalender machen, und begeistert sagte sie zu.

Zuerst stellte ich mir ein Konzept auf. Ich wollte, daß es möglichst jeden Tag eine andere Aktivität gibt, und es sollte definitiv anspruchsvoller sein als z.B. nur ein paar Vokabeln. Aber – wie gesagt – viel Material gibt es einfach nicht, und wenn man den Themenkreis dann noch auf Weihnachten beschränkt, wird es schon sehr dünn (die Schweden und Dänen scheinen so viel mehr zu produzieren, und es gibt sogar einen schwedischen Sprachlern-Jahreskalender…). Darum bin ich darauf verfallen, typische Lernaktivitäten wie z.B. Wortfelder, Assoziationsketten und Übungen zu Vergangenheitsformen weihnachtlich aufzupeppen, teils durch entsprechende Themen in den Übungen, teils durch Graphiken oder Bilder. Um möglichst breitgefächert zu lernen, habe ich außerdem Videos, Gedichte, Zeitungsartikel und dergleichen eingeflochten (nur einen kurzen Weihnachtspodcast habe ich nicht gefunden, aber rund 30 min. fand ich im Rahmen eines Adventskalenders einfach zu lang). Neben Bokmål sprechen etwa 20% der Norweger noch Nynorsk, und auch dafür habe ich etwas Weihnachtliches gefunden, ebenso für die samische Kultur.

Als Corpus für den Adventskalender habe ich mir ein etwas dickeres Heft besorgt, das in einem auswechselbaren Pappeinband geliefert wird, der mit goldenen Punkten bedruckt ist. Natürlich gibt es keine Weihnachtshefte, aber ich finde, durch das ganze Flittergold ist es angemessen kitschig 🙂 Die vorhandenen Seiten habe ich durch 24 Tage geteilt und darauf geachtet, daß Übungen, die mehr Schreibarbeit verlangen, mehr Raum bekommen. Dann habe ich die Materialien und die Bilder/Graphiken/Dekorationen ausgedruckt, zugeschnitten und eingeklebt (an dieser Stelle war ich sehr dankbar für die ganzen coolen Hörspiele, die der Maritim-Verlag bei YT eingestellt hat). Zuletzt habe ich den Kalender mit Washi-Tape, (Zahlen-)Aufklebern und Stempeln dekoriert.

Ich weiß nicht recht, wie viele Stunden ich mit allem gebraucht habe, aber es waren viele – trotzdem hat die Mühe sich gelohnt. Ich habe mir auch selbst einen Norwegisch-Adventskalender für das kommende Jahr gemacht, wo ich schon mal dabei war 🙂 Dieses Projekt hat die Frage aufgeworfen, ob es nicht vielleicht auch möglich wäre, eine Art personalisierten“Lernleitfaden“ oder „Lernkalender“ für mich zu erstellen, den ich das ganze Jahr über benutzen kann. Eben nicht in Form eines Abreißkalenders mit kleinen Aufgaben für jeden Tag (denn sowas gibt es ja zumindest für einige Sprachen bereits), sondern eher mit monatlichen Aufgaben. Das könnte dann etwa das Abfassen eines längeren Textes, eines Zeitungsberichts oder auch eines Gedichts umfassen, oder Vokabular zu einem bestimmten Thema. Mal sehen, ob und wie ich das umsetze.

Sprachenlernen mit wenig Geld / minimalistisch lernen

Diese Woche habe ich darüber nachgedacht, wie viel Geld ich bereits über die Jahre in mein Sprachenlernen investiert habe. Genau kann ich das nicht erheben, aber ich glaube, es würde mich ziemlich schocken, wenn ich das wüßte 🙂 Viele Leute, die eine Sprache lernen, machen das ja, um beruflich weiterzukommen oder eine Beförderung zu erhalten, mit der sie dann mehr Geld verdienen. Bei mir ist das anders. Ich lerne eigentlich nur als Hobby, weil es mir großen Spaß macht und ohne die Absicht, damit Geld zu machen. Die Frage, ob das auf diese Weise sinnvoll ist, stellt sich mir nicht mehr, weil ich es abgehakt habe, nochmal zu studieren oder zu arbeiten, und darum wird das Sprachenlernen auf alle Zeit lediglich ein Spezialinteresse bleiben, aber niemals eine Einnahmequelle werden. Mein Norwegischlehrer hatte mich z.B. mal gefragt, warum ich nicht selbst bei italki Lehrer werde, aber die Wahrheit ist, daß ich dafür weder Geduld noch ausreichend Motivation hätte. Meine Zeit für mich selbst zu haben, ist mir immens wichtig, und nachdem ich sowieso nie Teil der Arbeitswelt war und das auch nie kennengelernt habe, würde es sich für mich äußerst unangenehm anfühlen, Brocken meiner Zeit für einen Preis zu verkaufen, den ich nicht angemessen finde. Ich schätze es schon sehr, meine Zeit nur für mich zu haben.

An Zeit zum Lernen mangelt es mir also nicht. Ich habe allerdings darüber nachgedacht, welche Quellen man nutzen kann, wenn man nicht viel oder gar kein Geld für das Erlernen einer Fremdsprache ausgeben möchte oder kann. Folgende Dinge sind mir eingefallen:

  • das Angebot in den öffentlichen Bibliotheken nutzen. Der Ausweis kostet in der Regel etwas, aber normalerweise bekommt man für das Geld vielleicht ein, maximal zwei Sprachlernbücher, wenn man sie kauft, so daß sich das schon rentiert.
  • Sprachaustauschpartner suchen, z.B. über diese Seite hier. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß es auch lohnend sein kann, auf Plattformen für internationale Brieffreundschaften nach Kontakten zu suchen.
  • Podcasts im Internet anhören. Für die meisten Sprachen scheint es zumindest ein kleines Angebot zu geben, für große Sprachen wie Spanisch oder Englisch ist das Angebot im Grunde unendlich.
  • WhatsApp- oder Facebookgruppen nutzen
  • Duolingo
  • YouTube (das ist für mich neben Duolingo echt eine riesige Quelle)
  • nach kostenpflichtigen Kursen Ausschau halten, denn die meisten bieten kostenlose Teaser an

Das Verbrauchsmaterial wie Schreibhefte, Stifte und vielleicht auch Vokabelkarten bleiben natürlich noch zu bezahlen, aber unterm Strich kann man meiner Ansicht nach schon sehr viel mit einem verschwindend geringen Budget erreichen. Zu den Austauschpartnern wollte ich noch was hinzufügen: ich selbst habe die Erfahrung gemacht, daß es für mich angenehmer ist, einen Lehrer für Gespräche und Unterricht zu bezahlen, anstatt mit Austauschfreunden zu reden, weil ich bei einem Lehrer ganz egoistisch auf meine Bedürfnisse gucken kann und keine Gegenleistung in Form von Zeit, Aufmerksamkeit oder Erklärungen bringen muß. Ich selbst lerne auf diese Weise mehr als bei einem Austausch.

Noch ein Wort zu Kursen mit mehreren Teilnehmern: für mich lohnen sich Kurse in Hinblick auf das aktive Sprechen nicht, weil man de facto gar nicht soviel Zeit hat, frei zu reden, weil eben die anderen auch reden wollen, man vielleicht auch noch ein Buch bearbeiten will etc. Der Kosten-Nutzen-Faktor ist für mich bei Einzelunterricht ungleich höher; zudem kosten 90 min. bei der VHS in einer Gruppe auch rund 12 € – mit denen man, wenn man Glück hat, schon 60 min. Einzelunterricht bei italki bekommt, in denen man unterm Strich selbst mehr Redezeit hat. Viel mehr. Kurse sind also nur vordergründig eine Möglichkeit, mit relativ wenig Geld etwas für den Sprachaufbau zu machen. Ich selbst werde nur noch Kurse belegen, wenn ich von anderen lernen möchte, also z.B. mich auf deren Aussprache einlassen, mir ihre Fehler und Redewendungen angucken will etc.

Diese Woche habe ich auch von einer Frau gehört, die minimalistisch Sprachen lernt. Damit meint sie, daß sie sich immer nur ein einziges Lehrbuch für jede ihrer Sprachen kauft, weil sie die Erfahrung gemacht hat, daß sie, wenn sie sozusagen gezwungen ist, in einem Buch voranzuschreiten, lernt, sich aus ihrer Komfortzone zu bewegen und sich selbst zu pushen. Ich finde den Gedanken zwar interessant, ziehe es aber vor, möglichst breit gefächert zu lernen, zumindest wenn es darum geht, eine neue Sprache zu lernen. Das hängt aber auch damit zusammen, daß ich ultraschnell gelangweilt bin und dann nichts mehr lernen kann, wenn ich nicht ständig neue, interessante Impulse kriege. Und sind wir ehrlich: viele Lehrbücher sind einfach langweilig und staubtrocken, Didaktik-wise. Auf der anderen Seite halte ich meinen Lernprozeß für ziemlich „clean“. Ich verzettele mich eigentlich nie in drölfzich Dingen, sondern lerne recht straight forward, wenn ich einmal eine Sache gefunden habe, die mich fesseln kann. Als Beispiele fallen mir der Norwegischbaum bei Duolingo oder der Spanischkurs bei Babbel ein. Ich bin auch niemand, der – wie ich das letzens schon benannte – viel „Dingelebummele“ braucht, also z.B. Belohnungsauskleberchen und bunte Stifte und so.

Hola, ich bin übrigens Autist

Diese Woche starte ich mal ein Experiment: ich habe mir zwei Lehrkräfte gesucht, mit denen ich noch nicht zusammengearbeitet habe, und ihnen gleich geschrieben, daß ich Autist bin und daß das heißt, daß ich im direkten Kontakt oft so nervös bin, daß ich Worte vergesse, daß ich oft gar nicht auf den Bildschirm gucke bzw. mich unpassend bewege, daß das aber nicht heißt, daß ich nicht aufmerksam bin (das waren jetzt sehr viele „daß“ in einem Satz O.o). Warum habe ich das gemacht?

Bisher habe ich den Lehrern nie im Vorfeld mitgeteilt, daß ich Autist bin, was dazu führte, daß ich mich selbst in den Stunden aus mir selbst heraus dazu gezwungen sah, zu masken, was das Zeug hält. Masken beim Sprachenlernen kann man sich als neurotypischer Mensch ungefähr so vorstellen wie Lernen, während man einen Tintenfisch in ein Einkaufsnetz zu zwingen versucht, das von der Decke baumelt und hin- und herschwingt, während man jemandem am Telefon zu erklären versucht, wie genau unsere DNA gestrickt ist, und eine Horde Kinder im Garten rumbrüllt und Scheiben einschlägt. Man muß sehr viele Dinge gleichzeitig bewältigen, konkret: nachdenken, reden, zuhören, hingucken, den Blick des anderen/Klänge/Töne/Stimme/Gestik/Mimik/das Gefühl der Kopfhörer ertragen, sich Notizen machen, freundlich sein/wenigstens so tun als hätte man eine Art Mimik und dann auch noch sowas Grundlegendes wie atmen und ab und zu mal was trinken. Ich habe tatsächlich schon oft darüber nachgedacht, meine Stunden nur noch mit Audio-Verbindung abzuhalten, weil ich diese Auge-in-Auge-Situation total überfordernd finde, aber bisher war ich immer zu schüchtern dafür, darum zu bitten. Mir ist es wichtig, daß ich als höflich wahrgenommen werde, schließlich wünsche ich mir auch ein höfliches Gegenüber. Vielleicht fehlt mir da auch noch das autistische Selbstbewußtsein.

Ich will jetzt mal sehen, was sich an meiner Eigenwahrnehmung und am Erschöpfungszustand nach den Stunden verändert, wenn ich mir selbst  erlaube, „autistische Verhaltensweisen“ (Weggucken, mit Dingen in der Hand spielen, mich mehr bewegen) an den Tag zu legen. Das ist sehr neu – ich habe das eigentlich über 40 Jahre lang vermieden.

Mir ist diese Woche auch bewußt geworden, daß Konversation zwar eigentlich mein Hauptziel beim Sprachenlernen ist, aber daß ich am meisten Freude empfinde, wenn ich Grammatikübungen und Quizze machen kann. Ich liebe das einfach, wenn mein kolumbianischer Lehrer mich mit Grammatiklückentexten vollpflastert und dann noch als Hausaufgabe eine schier endlose Text- und Vokabelanalyse aus dem Hut zaubert, von der er behauptet, daß er sie keinem anderen Schüler auf’s Auge drücken kann, weil sie das alle so langweilig finden :o) Neulich habe ich mal gelesen, daß es offenbar eine Menge Aspies gibt, die Sprachen um ihrer Grammatik willen lernen und nicht so sehr zum Quatschen. Uh ja, das könnte schon sein… Ich denke, Konversation ist die Königsdisziplin, aber ich fühle mich im Thronsaal offensichtlich ein wenig unwohl. Das, was mich insbesondere glücklich macht, sind die Struktur und die innere Logik einer Sprache. Und das Gefühl, das sich einstellt, wenn ich echt elegante Sätze bauen kann.

Sollte jedoch das Lernen mit einem Lehrer, sprich: die Konversation für mich entspannter werden, weil ich mir selbst mehr autistische Verhaltensweisen zugestehe, wäre das natürlich prima. Derzeit ist es noch immer so, daß ich nach einer Stunde klatschnaß geschwitzt bin und erstmal duschen muß, weil mich das so streßt und erschöpft. Das ist in drei oder vier Jahren kein bißchen besser geworden, und sowas wie einen Gewöhnungseffekt gibt es bei mir leider nicht.

Norwegisch, Einstufungstest, Lernprozeß, andere Sprachen

Neulich habe ich einen kostenlosen und meiner Meinung nach sehr ausführlichen und daher in seinem Ergebnis auch präzisen Einstufungstest der Volksuniversität in Schweden für Norwegisch gemacht. Insgesamt habe ich für den Test etwa eineinviertel Stunden gebraucht und mußte mich schon sehr konzentrieren. Zu Beginn des Tests wird man gefragt, wie man sich selbst einstuft, und da hatte ich B2 angegeben, doch nach einigen ersten Fragen wurde mir von der Website selbst vorgeschlagen, mich auf C1 einzustufen. Ich habe das nur zögerlich gemacht, weil ich davon ausging, daß ich dann auch schwierigere Aufgaben präsentiert bekommen würde – was auch so war -, aber alles in allem kam ich erstaunlich gut zurecht. Am Ende bekommt man das Ergebnis per E-Mail mitgeteilt und laut diesem Test habe ich in allen Bereichen Niveaustufe C1 erreicht bzw. überschritten.

Solche Tests sind natürlich immer so eine Sache. Die Audiodateien waren z.B. für mich besser zu verstehen als so mancher Podcast, weil die Leute sehr deutlich und auch nicht so schnell geredet haben. Im wahren Leben fällt es mir oft richtig schwer, Norweger zu verstehen, vor allem wenn sie einen Dialekt sprechen, in den sich viel Nynorsk reinmischt. Ich habe eben Bokmål-Norwegisch gelernt und mich immer am Dialekt, den man in Oslo spricht, orientiert. Außerdem werden in den Lückentexten mögliche Antworten vorgegeben, was natürlich einfacher ist, als wenn man selbst herausfinden müßte, was da reingehört. Das Testergebnis genieße ich also mit Vorsicht. Ja, ich würde mir zutrauen, den Bergenstest zu bestehen, werde mir jedoch den Streß und das Geld sparen (habe ja auch nie die DELE-Prüfung für Spanisch abgelegt). Allerdings ist mir auch klar, daß ich noch am Hörverständnis arbeiten muß und daß man sowieso nie an den finalen Punkt einer Sprachreise anlangt. Wie gut ich in Norwegen klarkäme, sei auf jeden Fall mal dahingestellt.

Im Kontext mit diesem Einstufungstest habe ich nochmal allgemein darüber nachgedacht, wie ich Sprachen lerne. Gerade bei YT findet man viele Leute, die sagen, daß sie acht, zwölf, 20 oder mehr Sprachen lernen – aber was heißt das? Es ist leicht, Videos darüber zu drehen, welche Lernmethoden man verwendet oder welche Bücher man benutzt, aber – wie man in England sagt – the proof of the pudding is in the eating. Viele, die z.B. sagen, daß sie Deutsch lernen, sprechen ein sehr schlechtes Deutsch, sowohl von der Aussprache als auch von der Grammatik her. Da ich das inzwischen auch für Englisch, Spanisch und Norwegisch beurteilen kann, fällt mir einfach auf, daß „eine Sprache lernen“ ungleich „eine Sprache sprechen“ ist. Es klingt imposant, wenn man sagt, daß man zwölf Sprachen lernt, aber wie effektiv im Sinne der Akquirierung und Aufrechterhaltung einer Sprache kann das sein? Der Tag hat ja nur 24 Stunden (ich bemängele das auch :)) und die meisten Leute müssen einer Lohnarbeit nachgehen und/oder haben eine Familie und/oder auch noch andere Hobbies. Selbst wenn man praktisch jede Einheit „toter“ Zeit (dazu gehört sowas wie Busfahren, Kartoffelschälen, Sport, Duschen etc.) zum Berieselnlassen nutzt (was kein aktiver Spracherwerb ist btw), stößt man da logistisch an seine Grenzen – und auch von der eigenen Fähigkeit her, neue Inhalte aufzunehmen.

Vielleicht mache ich hier aber auch den Fehler, von meinen eigenen Ansprüchen auszugehen. Mein Anliegen beim Lernen einer Sprache ist es, sie möglichst schnell möglichst effektiv zu beherrschen, weil ich nämlich meine bereits gelernten Sprachen weiterhin pflegen und auch noch anderen Tätigkeiten nachkommen möchte – und weil die nächste interessante Sprache garantiert schon wartet. Für mich hat sich erwiesen, daß ich die meisten Sprachen in etwa zwei Jahren fließend beherrschen kann (Norwegisch war mit anderthalb Jahren eine Ausnahme), allerdings zum Preis von rund 3 bis 6 Stunden Lernaufwand täglich (dazu zähle ich passives wie aktives Lernen). Den Lernprozeß länger hinzuziehen, weil ich mehrere Sprachen gleichzeitig von Grund auf lerne, hat sich für mich als ineffektiv erwiesen. Zum einen verhindert das Splitten meiner vorhandenen Zeit auf zwei oder mehr Sprachen, die ich von der Pieke auf erfassen will, die Immersion/das Abtauchen in diese Zielsprachen. Zweimal drei bis sechs Stunden täglich kann ich mich nicht gleichwertig auf zwei unterschiedliche Sprachen konzentrieren, mal abgesehen davon, daß irgendwann mit der Konzentration eh Schluß ist (und mit der Lust). Zum anderen finde ich es sehr frustrierend, beim Lernen von Sprachen das Gefühl zu haben, auf der Stelle zu treten bzw. nicht schnell genug voranzukommen, weswegen Anfängerkurse für mich z.B. auch nicht funktionieren. Würde ich zwei oder mehr Sprachen von A bis Z lernen wollen, würden sich folglich ihre Lernprozesse gegenseitig behindern und dadurch künstlich verlängern. Aus diesem Grund werde ich nie in die Situation kommen, in der ich von mir sagen kann, daß ich acht oder zwölf Sprachen lerne. Wer weiß, vielleicht komme ich mal dahin, daß ich sagen kann, daß ich acht Sprachen spreche und nun eine Neunte lerne – aber das ist was anderes.

Ich frage mich allerdings schon, warum sich meine Vorgehensweise, eine Sprache nach der anderen zu lernen, so stark von der Methode der meisten anderen, die mehrere Sprachen gleichzeitig lernen, unterscheidet, und ob es da einen Kausalzusammenhang zwischen meinem recht hohen Sprachniveau und der manchmal nicht so hohen Niveaustufe anderer gibt. Final beurteilen kann ich das nicht, aber ich vermute, daß die Immersion der entscheidende Faktor ist. Tatsächlich fiel und fällt es mir sehr schwer, in Norwegisch genauso abzutauchen, wie das für Spanisch möglich war, einfach weil es gemessen an der Vielzahl und Vielfalt spanischsprachiger Medien so verschwindend wenige norwegische Angebote gibt (ja, es gibt das ein oder andere Kochvideo und mit etwas Glück findet man auch mal ein Hörbuch, aber schon allein die Beschaffung norwegischer Bücher abgesehen von Harry Potter ist gelinde gesagt pain in the ass). Das ist übrigens auch ein Grund dafür, warum ich mir nicht sicher bin, wie befriedigend es für mich wäre, eine kleine Sprache mit nur wenigen Sprechern zu lernen. Ich glaube ja, daß ich beim Lernen sehr genau spüre, wann es Zeit für eine neue Sprache und damit für eine neue Herausforderung ist. Wenn ich in einer Sprache noch unsicher bin und zum Teil recht lange überlegen muß, wie ich etwas sage, und mir Worte fehlen und Natives gucken, als würden sie Zahnschmerzen bekommen, während sie mir zuhören, ist sicher nicht der richtige Zeitpunkt 🙂

Ich merke zur Zeit, daß ich schon wieder angefangen habe, mit anderen Sprachen zu liebäugeln. Es fing im Juni an, als ich mich neben Norwegisch auch Schwedisch zugewendet habe (ein Schwedisch-Update schreibe ich demnächst mal). Dann fand ich heraus, daß ich durchaus einen Gutteil Isländisch verstehe, und das möchte ich mir eigentlich auch mal näher angucken. Eine Bücherliste dafür existiert bereits, aber noch zögere ich, das ernsthaft anzugehen, weil es nämlich noch ein paar andere Kandidaten gibt. Da wäre zum einen Französisch, mit dem ich 2019 zugunsten von Norwegisch aufgehört habe. Ich möchte definitiv eines Tages fließend Französisch sprechen können, das ist so ein altes Schultrauma 🙂 Dann sind da Katalanisch und Irisch-Gälisch. Katalanisch wäre relativ einfach, weil ich Spanisch kann, und Irisch-Gälisch ist so ein Projekt, das seit rund 20 Jahren auf Halde liegt, weil damals die Quellen einfach mies waren. Drängt sich die Frage auf, was man denn bitteschön mit Irisch und mit Katalanisch anstellt, wenn man eh nicht viel reisen kann. Andererseits…was will ich denn mit Norwegisch? Naja, und zum anderen wären auch Sprachen wie Gallego, Portugiesisch und Italienisch nicht total weit weg. Oder Russisch? Oder …… ? Argh.

Aber für welche Sprache ich mich auch entscheide, ich versuche jetzt erstmal, bis Februar noch mein Norwegisch zu verankern. Dann sind zwei Jahre rum und dann müßte es eigentlich so gefestigt sein, daß ich mich ernsthaft einer anderen Sprache zuwenden kann. Welcher auch immer.

Unterrichtspreise

Ich hatte neulich schon mal über Unterrichtspreise bei Sprachlehrern gebloggt und geschrieben:

Ich muß allerdings sagen, daß ich es unethisch finde, einem Lehrer schlappe 7 € für eine Stunde zu bezahlen (das betrifft vorrangig Menschen aus Südamerika, jedenfalls was Spanisch angeht), schließlich will der von seinem Verdienst sein Leben bestreiten und muß ja auch noch die Kosten für Strom und Internet von den Einnahmen einer Stunde runterrechnen.

Was ich dabei nicht bedacht hatte, ist Folgendes: viele Sprachlehrer aus Ländern mit geringem Durchschnittseinkommen bieten ihren Unterricht für an deutschen Maßstäben gemessen wenig Geld an, weil sie damit dem normalen Lohn eines Sprachlehrers in ihrem Land entsprechen. Hierzulande würde ich das niemals bekommen – hier liegt der Schnitt eher so bei 20-30 € und viele nehmen auch mehr. Durch das Internet jedoch kann ich eine Dienstleistung in Anspruch nehmen, die in Lateinamerika bereitgestellt wird und daher sehr günstig ist. Als ich schrieb, daß ich das unethisch finde, habe ich aber nicht bedacht, daß die Sprachlehrer dort ja aber auch etwas verdienen wollen und müssen, wenn sie ihr Leben bestreiten wollen, und daß sie mit den 5 bis 8 € in ihren Ländern weiterkommen, als das hier in Deutschland der Fall wäre. Buche ich nun keine Stunden bei ihnen, nehmen sie zumindest von mir kein Geld ein, welches ihnen dann möglicherweise fehlt. Bei so günstigen Preisen könnte ich es mir aber theoretisch leisten, zwei oder mehr Stunden die Woche zu buchen, und damit könnte ich entsprechend zwei oder mehr Leute unterstützen.

Dieses Dilemma läßt sich für mich noch nicht ganz auflösen, vor allem weil mir meine mexikanische Lehrerin neulich stolz erzählt hat, daß unser Gespräch über faire Preise sie dazu veranlaßt hat, ihre Preise deutlich um über 200% nach oben zu korrigieren. Für den Preis, den sie nun verlangt, könnte ich tatsächlich sogar bis zu 5 andere Leute buchen. Mein Vorteil läge darin, daß ich statt 60 dann stolze 300 Minuten die Woche Spanisch reden könnte (de facto würde ich das gar nicht so machen, weil mir das schon zuviel wäre, aber 2 oder 3×60 Minuten die Woche wären schon cool).

Ich bin mir nicht wirklich sicher, wie ich das alles sehe und was ich tun werde. Einen freiwilligen Obolus kann man Lehrern auf italki jedenfalls nicht zukommen lassen, was echt schade ist. So eine „Trinkgeldkasse“ fände ich sehr praktisch, einfach um einem Lehrer, den man besonders gern mag und mit dem man prima klarkommt, eine Freude zu machen und sich zu bedanken. Jetzt gerade bin ich sehr unentschieden und weiß nicht, was ich tun soll.

Meine Erfahrungen mit Sprachkursen

In den letzten Jahren hatte ich mehrere Spanisch-Sprachkurse belegt und wollte mal rekapitulieren, wie diese Erfahrung für mich war. Bis auf einen Kurs, der wegen Corona online stattfinden mußte, waren es immer physische Kurse in einem Seminar- oder Klassenraum. Neben der Lehrkraft gab es jeweils zwischen vier und sieben Schüler. Die CEFR-Niveaustufe, die diese Kurse abdeckten, war B2 bzw. C1, so daß ich nichts über Anfängerkurse sagen kann. Auch habe ich niemals einen Intensiv- oder Wochenendkurs gebucht, sondern lediglich Angebote wahrgenommen, die im Wochenrhythmus stattfanden.

Motivation

Als ich mich das erste Mal für einen Kurs angemeldet habe, hatte ich im Vorfeld schon etwa 30 oder 40 Einzelstunden online bei einer Lehrerin absolviert. Ich wollte an diesem Punkt meiner Lernreise gern wissen, wie es um meine Spanischkenntnisse bestellt ist, wenn ich mich einer Gruppe aussetze, denn erfahrungsgemäß bedeutet diese soziale Situation mit fremden Menschen für mich eigentlich nur Streß. Wenn man so will, war das eine Asperger-bezogene Herausforderung für mich. Außerdem war ich sehr daran interessiert, zu sehen/hören, wie andere Menschen mit derselben Niveaustufe wie ich eine Fremdsprache beherrschen. Zuletzt dachte ich auch, daß es mir guttäte, wenn ich einen Termin in der Woche hätte, der mich aus meiner Routine herausheben würde (Aspies ♥ Routine).

Kriterien für die Kurswahl und Kosten

Ein Sprachkurs an einer öffentlichen Einrichtung ist immer günstiger als dieselbe Anzahl Stunden bei einem Lehrer im Einzelgespräch. Für einen Kurs muß man etwa 12 bis 15 € pro Einheit (= meist 90 min.) rechnen, während ein Einzelgespräch im Normalfall rund 20 € für 60 min. kostet. Es gibt auch Online-Lehrer, die nur 7 € für 60 min. verlangen, und andere, die bis zu 80 € für 60 min. veranschlagen. Ich habe tatsächlich mal 42 € für eine Stunde ausgegeben, weil ich wissen wollte, worin der Unterschied zu einem günstigeren Lehrer besteht. Das Ergebnis: es gibt keinen. Ich muß allerdings sagen, daß ich es unethisch finde, einem Lehrer schlappe 7 € für eine Stunde zu bezahlen (das betrifft vorrangig Menschen aus Südamerika, jedenfalls was Spanisch angeht), schließlich will der von seinem Verdienst sein Leben bestreiten und muß ja auch noch die Kosten für Strom und Internet von den Einnahmen einer Stunde runterrechnen. Wie gut man mit einem Lehrer klarkommt, wie entspannt das Gespräch abläuft, wie gut ein Lehrer etwas erklären kann und wie interessant die Stunde ist, hängt nicht von dem Geld ab, das man bezahlt, sondern von der Chemie zwischen Schüler und Lehrer. Menschen, die eine Sprache studiert haben, ja sogar Muttersprachler sind nicht immer automatisch die besten Lehrer für einen, wenn man einfach nicht miteinander kann.

Anders als bei Online-Plattformen kann man bei einem Kurs einer öffentlichen Einrichtung keine Probestunde vereinbaren, um zu schauen, ob die Chemie zwischen einem selbst und dem Lehrer (oder den anderen Teilnehmern) stimmt, und ist daher schon gezwungen, die Katze im Sack zu kaufen. Andererseits ist ein Kurs eben günstiger und bietet auch den Vorteil, daß man so ein wenig in der Masse untergehen kann, wenn man das möchte, aber dazu später mehr. Ein Nachteil ist sicherlich, daß man dem Lehrer eines physischen Kurses nur eher schwierig ein Feedback geben kann, weil es ja keine Bewertungsplattform gibt wie bei Online-Lehrervermittlungen, und daß man, wenn man einen Kurs einmal gebucht hat, ihn auch komplett bezahlen muß, selbst wenn er einem nicht gefällt.

Bei der Auswahl meiner Kurse habe ich eigentlich immer nur zwei Kriterien berücksichtigt, nämlich die Niveaustufe und Kursort/-zeit. Nicht alle Kurse finden in barrierefreien Umgebungen statt und zum Teil werden auch mal ausgeschilderte Behindertenparkplätze als Schulleiterparkplätze zweckentfremdet, lol. Leider steht bei der öffentlichen Einrichtung, bei der ich die Kurse gebucht hatte, nicht dabei, welcher Veranstaltungsort im Rollstuhl erreichbar ist und welcher nicht, so daß man da im Vorfeld noch bei den Hausmeistern anrufen muß, die oftmals gar nicht einschätzen können, ob der Raum nun barrierefrei ist oder nicht. Mein Highlight war ein als für Rollstuhlfahrer geeignet gekennzeichneter Schulraum, für den ich im Rolli schlappe 12 Treppen hätte überwinden müssen, um zum Aufzug zu gelangen, in den mein Rolli gar nicht reingepaßt hätte. Mir leuchtet auch nicht ein, warum nicht einfach alle Kurse an Örtlichkeiten stattfinden, die tatsächlich barrierefrei sind. Menschen im Rollstuhl sind ja nun keine Exoten mehr.

Kurserfahrungen

Im Grunde habe ich zwei verschiedene Arten von Kursen kennengelernt, nämlich einmal solche, wo man ein Buch durcharbeitet, und solche, wo mehr Wert auf freie Konversation gelegt wird, wo der Lehrer also z.B. einen Zeitungsartikel zur Diskussion stellt oder man sich über ein aktuelles Thema austauscht. Für mich persönlich waren zweitere Kurse deutlich schwieriger zu meistern, was jedoch nicht am Sprachniveau lag, sondern an meiner Unkenntnis der Nachrichten und Entwicklungen der letzten 15 Jahre. Es ist wirklich schwierig, einem Gespräch zu folgen, wenn man die Personen, die darin vorkommen, zusammen mit ihren Taten und Einstellungen nicht kennt. Gerade wenn es dann um Themen ging, die ich sterbenslangweilig finde (Politik, Wirtschaft, …), konnte ich meine Konzentration kaum aufrechterhalten und fühlte mich hinterher wie ausgelutscht. Das lag natürlich nicht am Kurs, am Lehrer oder den anderen Teilnehmern, sondern einfach an den Themen und meiner Unfähigkeit, Langeweile auszuhalten.

Kurse, in denen man ein Buch bearbeitet, waren für mich besser zu meistern, weil sie zum einen sehr vorhersehbar sind (Aspie-Ding), und zum anderen weil man am Ende das gute Gefühl hat, wirklich etwas geschafft zu haben. Gerade wenn ein Lehrer alle Übungen in einer Lektion durcharbeiten läßt, erzeugt das den Eindruck, daß der Unterricht sehr rund und in sich geschlossen ist, und das ist perfekt für ergebnisorientierte Menschen wie mich. Der einzige Nachteil besteht in meinen Augen darin, daß halt auch mal ein Kapitel drankommen kann, dessen Thema man langweilig findet, was allerdings dadurch abgemildert wird, daß man die unterschiedlichen Übungen durchgeht, was für mehr Abwechslung sorgt, als wenn man sich nur an einem Thema festquatscht.

Wie gut der Sprachunterricht tatsächlich funktioniert, hängt nicht nur vom Lehrer ab, sondern auch von den Schülern. Für mich sind zwei Dinge ganz besonders frustrierend, nämlich einmal Mitschüler, die zwar einen B2/C1-Kurs belegen, aber gerade mal B1-Niveau besitzen, und die obendrein stets unvorbereitet = ohne Hausaufgaben in den Kurs kommen, und dann Lehrer, die sich am liebsten selbst labern hören. Beides hemmt den Unterricht und das, was man von einem Kurs mit nach Hause nimmt, massiv.

Zunächst zu den Schülern. Eine Vorstellung, die ich gleich in meinem ersten Kurs fahren lassen mußte, war, daß die Leute, die einen Kurs belegen, das tun, um tatsächlich eine Sprache zu lernen. Sie möchten eine Sprache sprechen können, das ist richtig, aber sie möchten sie nicht lernen. Lernen heißt Arbeiten und die notwendige Zeit und Mühe wird von 80% der Leute nicht investiert, was dazu führt, daß sie sehr lange auf der Stelle treten. Daß es keinen Lernfortschritt gibt, zeigt sich dann auch in den Kursen, vor allem wenn man mehrere in derselben Gruppe hintereinander durchläuft, denn es werden oft dieselben Dinge erklärt, weil sie eben nicht gelernt werden. Viele Leute, die eine Sprache lernen wollen, sagen, daß ihnen dafür die Zeit fehlt, allerdings wundere ich mich immer darüber, daß sie Zeit und Geld dafür haben, einen Sprachkurs zu buchen, wo er ihnen de facto doch gar nichts bringt, weil sie selbst nichts in das Lernen investieren. Einen solchen Kurs zu besuchen, ersetzt nicht, sich Wissen aktiv anzueignen, und folglich kann man auch zehn Jahre lang Sprachkurse besuchen, ohne jemals ein befriedigendes Niveau zu erreichen. Dazu kommt, daß ich es den Schülern gegenüber, die ihre Hausarbeiten erledigen, total unfair finde, wenn andere ihre Sachen nicht machen und dann erstmal 20 Minuten einer Kurseinheit zum Lesen eines Textes verwendet werden, der eigentlich vorzubereiten war. Das Gleiche gilt für B1-Schüler in C1-Kursen. Hier werden fortgeschrittene Schüler ziemlich stark blockiert, wenn sie auf B1-Niveau arbeiten und reden müssen.

Dann zu den Lehrern. Ich kann verstehen, daß es für einen Muttersprachler cringeworthy sein kann, mitanzuhören, wie Leute, die seine Sprache lernen wollen, diese verhackstücken und falsch benutzen. Ich zucke auch immer zusammen, wenn Leute schlechtes Deutsch reden. Ich finde aber doch, daß ein Kurs nicht so gelungen ist, wenn der Lehrer 85% der Zeit selbst redet, seine Schüler immer wieder unterbricht oder Antworten auf Fragen selbst gibt. Wenn man gerade versucht, einen Satz zu einem bestimmten Thema mit den korrekten Vokabeln, der korrekten Grammatik und auch noch den korrekten Verbformen zu formulieren und dabei dreimal unterbrochen wird, weil dem Lehrer gerade noch ein paar andere ganz tolle Vokabeln, die passen würden, eingefallen sind oder weil man einen Fehler gemacht hat, entsteht kein Flow. Weder im Gehirn noch im Gespräch. Ich denke, der Wunsch, daß die Schüler alles richtig und perfekt machen und lernen sollen, ist sehr edel, aber in der Realität führt das vielmehr dazu, daß man als Schüler verstummt, weil man denkt, daß man es eh nicht hinkriegt. Korrekturen sind wichtig, aber mit Maß und an der passenden Stelle. [Hier möchte ich noch kurz einfügen, wie ich Fehler bei meinen Sprachaustauschleuten korrigiere. Wenn ich im Gespräch merke, daß sie nach Worten oder Formen suchen, greife ich sofort ein und biete ein Wort an oder führe den Satz ein Stückchen fort. Ansonsten notiere ich mir still und ohne das Gespräch zu unterbrechen Fehler, die mir besonders wichtig erscheinen oder die mehrfach auftreten. Erst am Ende des Gesprächs merke ich diese Dinge an.]

Fazit

Vielleicht klingt das schon durch, aber mein Fazit lautet, daß Kurse für mich persönlich nicht so wirklich funktionieren. Ich glaube allerdings, daß das nicht zwangsweise an deren Struktur oder an den Lehrern und/oder Schülern liegt, sondern an mir selbst. Ich habe ein relativ hohes Lerntempo und akquiriere eine neue Sprache recht zügig. Sobald ich kann, fange ich zu sprechen an (anfangs mit mir selbst und ab Niveau B1 dann mit Muttersprachlern oder Online-Lehrern), und habe den meisten anderen Teilnehmern in solchen Kurse eine Menge Stunden Sprachpraxis voraus, was man einfach merkt. Die umgekehrte Erfahrung habe ich übrigens auch schon gemacht – ein Kurs für B1/B2 war von lauter Leuten belegt, die mehrere Jahre im spanischsprachigen Ausland gelebt hatten, und da kam ich natürlich nicht wirklich mit – ich konnte zwar das Meiste verstehen, aber längst nicht auf deren Niveau mitreden.

Wer freies Reden üben möchte, ist meiner Ansicht nach in einem Kurs an der falschen Stelle. Zwar versuchen Lehrer, einzelne Schüler zum Sprechen zu animieren, aber ich habe mal mitgezählt und komme in 90 Kursminuten auf etwa drei Minuten, in denen ich spreche. Und nein, ich bin niemand, der sich schüchtern wegduckt, aber es liegt in der Natur der Sache, daß schüchterne Menschen dem Lehrer mehr auffallen, daß sie öfter drankommen und dann auch länger brauchen, um Gedanken zu formulieren. Außerdem möchte ich schüchternen Menschen nicht über den Mund fahren und halte mich daher immer etwas im Hintergrund. Schüler, die selbst nicht viel Lernaufwand betreiben, brauchen mehr Wiederholungen und Erklärungen und das ist effektiv Zeit, in der der Lehrer redet. Umgekehrt kann es aber auch sein, daß ein Kurs schüchternen Menschen die Gelegenheit bietet, in der Masse der Schüler abzutauchen und selbst nicht viel sagen zu „müssen“, insbesondere dann wenn andere von sich aus mehr beitragen. Letztlich ist es natürlich auch so, daß man sich verweigern kann, wenn man aufgerufen wird. Daß diese Option existiert, ist mir übrigens erst klar geworden, als ich das bei anderen mitbekommen habe…

Wenn ich meine Kurs- und Lernerfahrungen miteinander abgleiche, dann denke ich, daß ein Anfängerkurs für mich überhaupt nicht funktionieren würde, weil das Tempo, in dem die Sprache aufgebaut wird, viel zu langsam wäre. Insofern ziehe ich es gar nicht in Betracht, eine neue Sprache mit einem solchen Kurs zu beginnen, sondern würde da jederzeit eher nach Online-Angeboten wie Duolingo oder Babbel und nach Büchern gucken. Ein Kurs kann aber helfen, beim Lernen ein wenig Struktur zu geben, allerdings wird man nur dann eine Sprache wirklich lernen, wenn man bereit ist, außerhalb dieser 90 Minuten pro Woche noch eigenständig zu lernen. Wer ein langsameres Lerntempo bevorzugt und wer sich unter Menschen wohlfühlt, für den erscheinen mir Kurse besser geeignet.

Gut gefallen hat mir, mal zu sehen, wie andere Menschen lernen und was sie unter bestimmten Niveaustufen verstehen – ich habe gelernt, besser einzuschätzen, wo ich selbst mich befinde und wie mein Lernprozeß so ausschaut. Es war auch interessant, mal ganz neue Impulse mitzunehmen, z.B. in einem Kurs, wo die Lehrerin uns viel mit Kunstwerken arbeiten ließ (sie beschreiben, interpretieren, Geschichten über sie ersinnen etc.).

Zur Zeit bin ich mir nicht so sicher, ob ich nochmal einen Kurs belegen würde, weil ich denke, daß ich mein Geld und meine Zeit besser in 1:1-Online-Stunden investiere, in denen ich von 60 min. auch den Großteil der Zeit reden und wo ein Lehrer ganz individuell auf meine Fragen und Schwächen eingehen kann. Eine meiner größten Hoffnungen hat sich in den Kursen sowieso nicht erfüllt – ich hätte sehr gern mal jemanden getroffen, der genauso ein Sprachnerd ist wie ich 🙂

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