Gespräche mit Austauschpartnern

Im letzten halben Jahr habe ich mit einer Menge Menschen über den WhatsApp-Videoanruf Spanisch und Deutsch gelernt. Alles in allem habe ich gute Erfahrungen damit gemacht. Auf technischer Seite muß ich sagen, daß WhatsApp sehr viel stabiler läuft (auch über ein, zwei Stunden hinweg) als Skype. Bild und Ton waren in Skype oft so schlecht, daß ich inzwischen ganz von diesem Programm abgekommen bin. Für mich liegt ein weiterer Vorteil von WhatsApp darin, daß ich diese App auf dem Handy habe und sie daher praktisch immer und überall nutzen kann. Eine App zum Texten, zum Aufzeichnen von Sprachnachrichten und zum Reden – viel bequemer geht es für mich nicht. Außerdem kann man so ganz leicht Schreiben, Lesen, Hören und Sprechen üben.

Natürlich hängt das Lernerlebnis auch entscheidend vom Austauschpartner ab. Zum einen ist der Lernstand wichtig. Jemand, der gerade erst ein paar Brocken Spanisch versteht, braucht einen Partner, der bereit ist, entsprechend Rücksicht zu nehmen und langsam zu sprechen, und idealerweise sprechen beide auch noch eine zweite (oder dritte) Sprache so gut, daß man sich mit ihrer Hilfe über die allgemeinen Konditionen des Austauschs verständigen und Fragen klären kann. Zum anderen hängt der Lernerfolg auch von der Zuverlässigkeit des Austauschpartners ab: hält mein Partner Verabredungen ein? Hat er überhaupt eine Internetverbindung zum Zeitpunkt unseres Dates? Hat er das benötigte Programm und weiß er, wie man es bedient? Das alles klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber gerade in Südamerika gibt es durchaus Gegenden ohne vernünftige Netzabdeckung, und mir ist es auch schon passiert, daß mein Gesprächspartner und ich mittendrin getrennt wurden, weil er seine Handyrechnung nicht bezahlt hatte…

Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind und man miteinander redet, haben sich für mich zwei Vorgehensweisen als besonders effektiv herausgestellt. Zum einen eine strikte Trennung der Lernsprachen. In diesem Fall reden wir erst einen bestimmten Zeitraum in einer, danach denselben Zeitraum in einer anderen Sprache. Das macht allerdings nur Sinn, wenn man bereits eine gewisse Ausdrucksfähigkeit in der Zielsprache besitzt. Zum anderen eine Mischung der beiden Lernsprachen, bei der man das, was man nicht oder nur schwer in der Zielsprache sagen kann, in der anderen (= vermutlich der eigenen Muttersprache) sagt. Das funktioniert ganz gut, auch wenn man noch nicht allzu viel in der Zielsprache zu sagen vermag.

Beim Austausch mit anderen Sprachschülern achte ich darauf, daß das Gespräch am Laufen bleibt. Am einfachsten geht das mit offenen Fragen, also Fragen, die man nicht einfach mit ja oder nein beantworten kann. Beispielsweise frage ich danach, was jemand beruflich macht, warum er diesen Beruf ergriffen hat, warum er diese Sprache lernen möchte, wohin er in den Urlaub fährt oder was seine Hobbies sind. Mit diesen Fragen ermögliche ich es meinem Gegenüber direkt, auf sehr einfache Weise dasselbe zurückzufragen, nämlich mit einem schlichten „und Du?“. Gerade für Anfänger ist es ein schöner Erfolg, wenn sie merken, daß sie ein Gespräch bestreiten können, ohne daß es sie und ihre Ausdrucksmittel überfordert.

[Autistensprech]Ich überlege gerade, ob ich vielleicht mal einen Artikel darüber schreibe, wie sich für mich als nicht besonders kommunikationsbedürftigen Menschen dieser Sprachlern-Smalltalk darstellt…[/Autistensprech]

Was die Länge der Gespräche angeht, so hat sich für mich rund eine Stunde als Optimum herauskristallisiert, wobei es Menschen gibt, mit denen eine Stunde nur so vorbeifliegt, und andere, mit denen eine Stunde sich anfühlt wie eine zweiwöchige Wurzelbehandlung 🙂 Meiner Erfahrung nach empfinden Letztere allerdings meist dasselbe und der Kontakt erübrigt sich von selbst, so daß man in der Regel nicht einmal beschönigend sagen muß, daß man es furchtbar fand 🙂

Unterm Strich kann ich sagen, daß der Austausch mit Muttersprachlern in der Zielsprache sehr lohnend ist, aber daß man durchaus auch ein bißchen Durchhaltevermögen braucht, bis man Menschen findet, die zu einem passen und die eine ähnliche Auffassung vom Lernen haben.

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