Meine Erfahrungen mit Sprachkursen

In den letzten Jahren hatte ich mehrere Spanisch-Sprachkurse belegt und wollte mal rekapitulieren, wie diese Erfahrung für mich war. Bis auf einen Kurs, der wegen Corona online stattfinden mußte, waren es immer physische Kurse in einem Seminar- oder Klassenraum. Neben der Lehrkraft gab es jeweils zwischen vier und sieben Schüler. Die CEFR-Niveaustufe, die diese Kurse abdeckten, war B2 bzw. C1, so daß ich nichts über Anfängerkurse sagen kann. Auch habe ich niemals einen Intensiv- oder Wochenendkurs gebucht, sondern lediglich Angebote wahrgenommen, die im Wochenrhythmus stattfanden.

Motivation

Als ich mich das erste Mal für einen Kurs angemeldet habe, hatte ich im Vorfeld schon etwa 30 oder 40 Einzelstunden online bei einer Lehrerin absolviert. Ich wollte an diesem Punkt meiner Lernreise gern wissen, wie es um meine Spanischkenntnisse bestellt ist, wenn ich mich einer Gruppe aussetze, denn erfahrungsgemäß bedeutet diese soziale Situation mit fremden Menschen für mich eigentlich nur Streß. Wenn man so will, war das eine Asperger-bezogene Herausforderung für mich. Außerdem war ich sehr daran interessiert, zu sehen/hören, wie andere Menschen mit derselben Niveaustufe wie ich eine Fremdsprache beherrschen. Zuletzt dachte ich auch, daß es mir guttäte, wenn ich einen Termin in der Woche hätte, der mich aus meiner Routine herausheben würde (Aspies ♥ Routine).

Kriterien für die Kurswahl und Kosten

Ein Sprachkurs an einer öffentlichen Einrichtung ist immer günstiger als dieselbe Anzahl Stunden bei einem Lehrer im Einzelgespräch. Für einen Kurs muß man etwa 12 bis 15 € pro Einheit (= meist 90 min.) rechnen, während ein Einzelgespräch im Normalfall rund 20 € für 60 min. kostet. Es gibt auch Online-Lehrer, die nur 7 € für 60 min. verlangen, und andere, die bis zu 80 € für 60 min. veranschlagen. Ich habe tatsächlich mal 42 € für eine Stunde ausgegeben, weil ich wissen wollte, worin der Unterschied zu einem günstigeren Lehrer besteht. Das Ergebnis: es gibt keinen. Ich muß allerdings sagen, daß ich es unethisch finde, einem Lehrer schlappe 7 € für eine Stunde zu bezahlen (das betrifft vorrangig Menschen aus Südamerika, jedenfalls was Spanisch angeht), schließlich will der von seinem Verdienst sein Leben bestreiten und muß ja auch noch die Kosten für Strom und Internet von den Einnahmen einer Stunde runterrechnen. Wie gut man mit einem Lehrer klarkommt, wie entspannt das Gespräch abläuft, wie gut ein Lehrer etwas erklären kann und wie interessant die Stunde ist, hängt nicht von dem Geld ab, das man bezahlt, sondern von der Chemie zwischen Schüler und Lehrer. Menschen, die eine Sprache studiert haben, ja sogar Muttersprachler sind nicht immer automatisch die besten Lehrer für einen, wenn man einfach nicht miteinander kann.

Anders als bei Online-Plattformen kann man bei einem Kurs einer öffentlichen Einrichtung keine Probestunde vereinbaren, um zu schauen, ob die Chemie zwischen einem selbst und dem Lehrer (oder den anderen Teilnehmern) stimmt, und ist daher schon gezwungen, die Katze im Sack zu kaufen. Andererseits ist ein Kurs eben günstiger und bietet auch den Vorteil, daß man so ein wenig in der Masse untergehen kann, wenn man das möchte, aber dazu später mehr. Ein Nachteil ist sicherlich, daß man dem Lehrer eines physischen Kurses nur eher schwierig ein Feedback geben kann, weil es ja keine Bewertungsplattform gibt wie bei Online-Lehrervermittlungen, und daß man, wenn man einen Kurs einmal gebucht hat, ihn auch komplett bezahlen muß, selbst wenn er einem nicht gefällt.

Bei der Auswahl meiner Kurse habe ich eigentlich immer nur zwei Kriterien berücksichtigt, nämlich die Niveaustufe und Kursort/-zeit. Nicht alle Kurse finden in barrierefreien Umgebungen statt und zum Teil werden auch mal ausgeschilderte Behindertenparkplätze als Schulleiterparkplätze zweckentfremdet, lol. Leider steht bei der öffentlichen Einrichtung, bei der ich die Kurse gebucht hatte, nicht dabei, welcher Veranstaltungsort im Rollstuhl erreichbar ist und welcher nicht, so daß man da im Vorfeld noch bei den Hausmeistern anrufen muß, die oftmals gar nicht einschätzen können, ob der Raum nun barrierefrei ist oder nicht. Mein Highlight war ein als für Rollstuhlfahrer geeignet gekennzeichneter Schulraum, für den ich im Rolli schlappe 12 Treppen hätte überwinden müssen, um zum Aufzug zu gelangen, in den mein Rolli gar nicht reingepaßt hätte. Mir leuchtet auch nicht ein, warum nicht einfach alle Kurse an Örtlichkeiten stattfinden, die tatsächlich barrierefrei sind. Menschen im Rollstuhl sind ja nun keine Exoten mehr.

Kurserfahrungen

Im Grunde habe ich zwei verschiedene Arten von Kursen kennengelernt, nämlich einmal solche, wo man ein Buch durcharbeitet, und solche, wo mehr Wert auf freie Konversation gelegt wird, wo der Lehrer also z.B. einen Zeitungsartikel zur Diskussion stellt oder man sich über ein aktuelles Thema austauscht. Für mich persönlich waren zweitere Kurse deutlich schwieriger zu meistern, was jedoch nicht am Sprachniveau lag, sondern an meiner Unkenntnis der Nachrichten und Entwicklungen der letzten 15 Jahre. Es ist wirklich schwierig, einem Gespräch zu folgen, wenn man die Personen, die darin vorkommen, zusammen mit ihren Taten und Einstellungen nicht kennt. Gerade wenn es dann um Themen ging, die ich sterbenslangweilig finde (Politik, Wirtschaft, …), konnte ich meine Konzentration kaum aufrechterhalten und fühlte mich hinterher wie ausgelutscht. Das lag natürlich nicht am Kurs, am Lehrer oder den anderen Teilnehmern, sondern einfach an den Themen und meiner Unfähigkeit, Langeweile auszuhalten.

Kurse, in denen man ein Buch bearbeitet, waren für mich besser zu meistern, weil sie zum einen sehr vorhersehbar sind (Aspie-Ding), und zum anderen weil man am Ende das gute Gefühl hat, wirklich etwas geschafft zu haben. Gerade wenn ein Lehrer alle Übungen in einer Lektion durcharbeiten läßt, erzeugt das den Eindruck, daß der Unterricht sehr rund und in sich geschlossen ist, und das ist perfekt für ergebnisorientierte Menschen wie mich. Der einzige Nachteil besteht in meinen Augen darin, daß halt auch mal ein Kapitel drankommen kann, dessen Thema man langweilig findet, was allerdings dadurch abgemildert wird, daß man die unterschiedlichen Übungen durchgeht, was für mehr Abwechslung sorgt, als wenn man sich nur an einem Thema festquatscht.

Wie gut der Sprachunterricht tatsächlich funktioniert, hängt nicht nur vom Lehrer ab, sondern auch von den Schülern. Für mich sind zwei Dinge ganz besonders frustrierend, nämlich einmal Mitschüler, die zwar einen B2/C1-Kurs belegen, aber gerade mal B1-Niveau besitzen, und die obendrein stets unvorbereitet = ohne Hausaufgaben in den Kurs kommen, und dann Lehrer, die sich am liebsten selbst labern hören. Beides hemmt den Unterricht und das, was man von einem Kurs mit nach Hause nimmt, massiv.

Zunächst zu den Schülern. Eine Vorstellung, die ich gleich in meinem ersten Kurs fahren lassen mußte, war, daß die Leute, die einen Kurs belegen, das tun, um tatsächlich eine Sprache zu lernen. Sie möchten eine Sprache sprechen können, das ist richtig, aber sie möchten sie nicht lernen. Lernen heißt Arbeiten und die notwendige Zeit und Mühe wird von 80% der Leute nicht investiert, was dazu führt, daß sie sehr lange auf der Stelle treten. Daß es keinen Lernfortschritt gibt, zeigt sich dann auch in den Kursen, vor allem wenn man mehrere in derselben Gruppe hintereinander durchläuft, denn es werden oft dieselben Dinge erklärt, weil sie eben nicht gelernt werden. Viele Leute, die eine Sprache lernen wollen, sagen, daß ihnen dafür die Zeit fehlt, allerdings wundere ich mich immer darüber, daß sie Zeit und Geld dafür haben, einen Sprachkurs zu buchen, wo er ihnen de facto doch gar nichts bringt, weil sie selbst nichts in das Lernen investieren. Einen solchen Kurs zu besuchen, ersetzt nicht, sich Wissen aktiv anzueignen, und folglich kann man auch zehn Jahre lang Sprachkurse besuchen, ohne jemals ein befriedigendes Niveau zu erreichen. Dazu kommt, daß ich es den Schülern gegenüber, die ihre Hausarbeiten erledigen, total unfair finde, wenn andere ihre Sachen nicht machen und dann erstmal 20 Minuten einer Kurseinheit zum Lesen eines Textes verwendet werden, der eigentlich vorzubereiten war. Das Gleiche gilt für B1-Schüler in C1-Kursen. Hier werden fortgeschrittene Schüler ziemlich stark blockiert, wenn sie auf B1-Niveau arbeiten und reden müssen.

Dann zu den Lehrern. Ich kann verstehen, daß es für einen Muttersprachler cringeworthy sein kann, mitanzuhören, wie Leute, die seine Sprache lernen wollen, diese verhackstücken und falsch benutzen. Ich zucke auch immer zusammen, wenn Leute schlechtes Deutsch reden. Ich finde aber doch, daß ein Kurs nicht so gelungen ist, wenn der Lehrer 85% der Zeit selbst redet, seine Schüler immer wieder unterbricht oder Antworten auf Fragen selbst gibt. Wenn man gerade versucht, einen Satz zu einem bestimmten Thema mit den korrekten Vokabeln, der korrekten Grammatik und auch noch den korrekten Verbformen zu formulieren und dabei dreimal unterbrochen wird, weil dem Lehrer gerade noch ein paar andere ganz tolle Vokabeln, die passen würden, eingefallen sind oder weil man einen Fehler gemacht hat, entsteht kein Flow. Weder im Gehirn noch im Gespräch. Ich denke, der Wunsch, daß die Schüler alles richtig und perfekt machen und lernen sollen, ist sehr edel, aber in der Realität führt das vielmehr dazu, daß man als Schüler verstummt, weil man denkt, daß man es eh nicht hinkriegt. Korrekturen sind wichtig, aber mit Maß und an der passenden Stelle. [Hier möchte ich noch kurz einfügen, wie ich Fehler bei meinen Sprachaustauschleuten korrigiere. Wenn ich im Gespräch merke, daß sie nach Worten oder Formen suchen, greife ich sofort ein und biete ein Wort an oder führe den Satz ein Stückchen fort. Ansonsten notiere ich mir still und ohne das Gespräch zu unterbrechen Fehler, die mir besonders wichtig erscheinen oder die mehrfach auftreten. Erst am Ende des Gesprächs merke ich diese Dinge an.]

Fazit

Vielleicht klingt das schon durch, aber mein Fazit lautet, daß Kurse für mich persönlich nicht so wirklich funktionieren. Ich glaube allerdings, daß das nicht zwangsweise an deren Struktur oder an den Lehrern und/oder Schülern liegt, sondern an mir selbst. Ich habe ein relativ hohes Lerntempo und akquiriere eine neue Sprache recht zügig. Sobald ich kann, fange ich zu sprechen an (anfangs mit mir selbst und ab Niveau B1 dann mit Muttersprachlern oder Online-Lehrern), und habe den meisten anderen Teilnehmern in solchen Kurse eine Menge Stunden Sprachpraxis voraus, was man einfach merkt. Die umgekehrte Erfahrung habe ich übrigens auch schon gemacht – ein Kurs für B1/B2 war von lauter Leuten belegt, die mehrere Jahre im spanischsprachigen Ausland gelebt hatten, und da kam ich natürlich nicht wirklich mit – ich konnte zwar das Meiste verstehen, aber längst nicht auf deren Niveau mitreden.

Wer freies Reden üben möchte, ist meiner Ansicht nach in einem Kurs an der falschen Stelle. Zwar versuchen Lehrer, einzelne Schüler zum Sprechen zu animieren, aber ich habe mal mitgezählt und komme in 90 Kursminuten auf etwa drei Minuten, in denen ich spreche. Und nein, ich bin niemand, der sich schüchtern wegduckt, aber es liegt in der Natur der Sache, daß schüchterne Menschen dem Lehrer mehr auffallen, daß sie öfter drankommen und dann auch länger brauchen, um Gedanken zu formulieren. Außerdem möchte ich schüchternen Menschen nicht über den Mund fahren und halte mich daher immer etwas im Hintergrund. Schüler, die selbst nicht viel Lernaufwand betreiben, brauchen mehr Wiederholungen und Erklärungen und das ist effektiv Zeit, in der der Lehrer redet. Umgekehrt kann es aber auch sein, daß ein Kurs schüchternen Menschen die Gelegenheit bietet, in der Masse der Schüler abzutauchen und selbst nicht viel sagen zu „müssen“, insbesondere dann wenn andere von sich aus mehr beitragen. Letztlich ist es natürlich auch so, daß man sich verweigern kann, wenn man aufgerufen wird. Daß diese Option existiert, ist mir übrigens erst klar geworden, als ich das bei anderen mitbekommen habe…

Wenn ich meine Kurs- und Lernerfahrungen miteinander abgleiche, dann denke ich, daß ein Anfängerkurs für mich überhaupt nicht funktionieren würde, weil das Tempo, in dem die Sprache aufgebaut wird, viel zu langsam wäre. Insofern ziehe ich es gar nicht in Betracht, eine neue Sprache mit einem solchen Kurs zu beginnen, sondern würde da jederzeit eher nach Online-Angeboten wie Duolingo oder Babbel und nach Büchern gucken. Ein Kurs kann aber helfen, beim Lernen ein wenig Struktur zu geben, allerdings wird man nur dann eine Sprache wirklich lernen, wenn man bereit ist, außerhalb dieser 90 Minuten pro Woche noch eigenständig zu lernen. Wer ein langsameres Lerntempo bevorzugt und wer sich unter Menschen wohlfühlt, für den erscheinen mir Kurse besser geeignet.

Gut gefallen hat mir, mal zu sehen, wie andere Menschen lernen und was sie unter bestimmten Niveaustufen verstehen – ich habe gelernt, besser einzuschätzen, wo ich selbst mich befinde und wie mein Lernprozeß so ausschaut. Es war auch interessant, mal ganz neue Impulse mitzunehmen, z.B. in einem Kurs, wo die Lehrerin uns viel mit Kunstwerken arbeiten ließ (sie beschreiben, interpretieren, Geschichten über sie ersinnen etc.).

Zur Zeit bin ich mir nicht so sicher, ob ich nochmal einen Kurs belegen würde, weil ich denke, daß ich mein Geld und meine Zeit besser in 1:1-Online-Stunden investiere, in denen ich von 60 min. auch den Großteil der Zeit reden und wo ein Lehrer ganz individuell auf meine Fragen und Schwächen eingehen kann. Eine meiner größten Hoffnungen hat sich in den Kursen sowieso nicht erfüllt – ich hätte sehr gern mal jemanden getroffen, der genauso ein Sprachnerd ist wie ich 🙂

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