Thrifty Thursday #11

In der letzten Woche war ich so vom Polyglot Gathering vereinnahmt, daß der Thrifty Thursday ausgefallen ist 🙂

Diese Woche habe ich nachgedacht über defekte Dinge. Ich besitze z.B. eine Bettwäschegarnitur, die ganz schön kaputt ist. Ich habe sie mehrmals geflickt und jetzt geht sie trotzdem weiter an allen Ecken und Enden kaputt: neben dem Reißverschluß gibt es einen 10 cm langen Riß, an den Ecken des Bettbezugs sind viele kleine Löcher, wo das Material durchgerubbelt ist, und merkwürdigerweise hat sie ein fünfmarkstücksgroßes Loch mittendrauf. Ich besitze auch eine Hose, die ähnlich kaputt ist. Angefangen hat es mit kleinen Löchlein, die meine Katze mit ihren Krallen reingemacht hat, und im Laufe der Lauf wurden diese Löcher eben größer. Eins ist so groß, daß ich da einen Apfel durchstecken könnte. Objektiv betrachtet sind diese Sachen nicht mehr schön. Ich würde die Bettwäsche keinem Gast aufziehen und mit der Hose könnte ich auch nicht mehr rausgehen. Aber ich mag diese Dinge. Sie sind bequem, weil sie weich und glatt sind. Ich habe nie so recht verstanden, warum ich bei Materialien so „empfindlich“ bin, aber das ist einfach die hypersensible Aspie-Haptik. Die Sachen sind leider so kaputt, daß man sie nicht mehr reparieren kann. Würde ich so große Nähte setzen, würde das den Stoff an diesen Stellen verhärten und kratzig machen. Ich weiß also, daß ich diese Dinge sozusagen die letzten Male benutze. Das macht mich traurig und wehmütig.

Ich verbinde mit Dingen scheinbar oft mehr als andere Leute. Weniges betrachte ich ausschließlich als Gebrauchsgegenstand. Die meisten Sachen, die ich beisitze, sind mir auf einer emotionalen Ebene wichtig geworden. Das ist auch ein Grund dafür, warum ich es oft regelrecht hasse, mir etwas Neues kaufen zu müssen. Ich finde, das Neue ist oft nicht so gut und praktisch wie das Alte. Oft finden – scheinbar von allen außer mir unbemerkt – Veränderungen an Produkten statt. Ein Kissen ist plötzlich einen Tick weicher als früher, ein T-Shirt hat einen leicht anderen Schnitt, ein Lebensmittel hat einen neuen Geschmack. Mr fällt sowas auf und darum würde ich gern von allem, was ich mag, gleich mehrere Exemplare kaufen. Geht halt nicht immer.

Mir war z.B. klar, daß ich eines Tages neue Schuhe brauchen würde. Mehr als sechs Jahre habe ich mit einem leider völlig merkbefreiten Schuhmacher versucht, Schuhe zu bauen, die für mich funktionieren. Es war zwecklos. Daß ich seit anderthalb Jahren komplett im Rolli sitze, ist seine Schuld. Er hat nicht zugehört und alles, was ich sagte, ignoriert. Die Rechnung dafür bezahle ich. Meine alten Schuhe habe ich so sehr geliebt, daß ich sie auch immer wieder zu meinem neuen Schuhmacher schleppe und auf sie verweise – schließlich haben sie ja zehn Jahre lang funktioniert. Er wird mir im Juli das dritte Paar Schuhe bauen, denn die beiden ersten haben ebenfalls nicht funktioniert. Ich bin kompliziert. Habe einen komplizierten Körper mit vielen und großen Defekten, der auch noch hypersensibel ist. Da brauche ich jemanden, der sich auf mich einläßt, aber das ist wirklich selten und sehr wertvoll, wenn man das findet.

Ich überlege jetzt seit Monaten, mir eine Ledertasche anfertigen zu lassen. Als ich noch gehen konnte, war ein leichter Rucksack für mich praktischer, weil ich in einer Hand immer den Stock hatte. Aber jetzt wäre eine Tasche besser. Ich weiß schon, wie sie sein müßte, und ich weiß auch, wer sie nähen soll. Aber ich schrecke vor der Bestellung zurück, weil ich Angst davor habe, daß ich sie nicht lieben würde. Daß sie unbequem wäre oder nicht weich genug oder ich ihre Haptik nicht mögen könnte.

Alles in allem spart diese Treue Dingen gegenüber natürlich Geld. Ich habe nicht oft das Bedürfnis, Neues zu kaufen, weil ich dem Neuen erstmal nicht traue und es auch über Jahre hinweg als neu empfinde. Ich bin immer einfach froh, wenn das Vertraute lange hält 🙂

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