Use What You Have #9

Das UWYH-Experiment läuft immer noch gut. Die Neuentdeckung dieser Tage sind Herzoginkartoffeln. Natürlich habe ich die schon früher gegessen, oft aus der Tiefkühltruhe, aber neulich hatten wir einige Salzkartoffeln vom Vortag übrig und haben sie dann mit Ei, Muskat und Salz gepimpt und zu Herzoginkartoffeln verarbeitet. Saulecker! Da haben wir gleich beim nächsten Mal, als es Salzkartoffeln geben sollte, welche extra gekocht, damit es wieder Herzoginnen geben konnte 🙂 Ein anderes UWYH-Essen war diese Woche ein Laksa Bake mit einer Tonne Gemüseresten und vielen Gewürzen.

Dann hat mein Mann aus den Tiefen seines Bücherregals ein Buch zum Japanisch-Selbststudium hervorgezaubert, das er sich schon vor ein paar Jahren mal gekauft, aber nie benutzt hatte. Wir sind jetzt so übereingekommen, daß ich das Buch verwenden und auch reinschreiben kann, und sollte er auch noch Japanisch lernen wollen, ich ihm dann ein neues Exemplar kaufe. Ich denke zwar, meine zarten Bleistiftanmerkungen wären radierbar, aber ich verstehe schon, daß er dann gern ein neues Exemplar hätte. Vielleicht so’n Aspie-Ding, keine Ahnung, aber umgekehrt würde ich das so auch bevorzugen.

Wir haben in diesen Wochen öfter mal Familien-Filmabende gemacht, bei denen wir Filmklassiker aus den 80ern und 90ern geguckt haben bzw. Filme, die wir früher schon immer gern geguckt haben. Ich muß gestehen, daß ich viele der neuen Filme und Serien kreuzlangweilig finde und auch meine Probleme damit habe, die jungen Schauspieler/innen auseinanderzuhalten, was immer wieder dazu führt, daß ich dem Plot nicht folgen kann, lol. Aber ein Stallone ist eben ein Stallone und so. Ich finde die ganzen alten, vertrauten Gesichter und Geschichten tröstlich. Manchmal macht der Mitbewohner Waffeln oder der Mann kauft uns eine Tüte Chips und dann haben wir richtig nette Kino-Abende daheim. Mein Highlight war Das Relikt, weil der einfach herrlich trashig und gruselig ist.

Jetzt, wo das Wetter so schön geworden ist, kümmert sich meine Familie auch wieder um den Garten. Eigentlich mag keiner von uns Gartenarbeit, und das ist auch der Grund dafür, warum wir über die Jahre hinweg immer weiter unser Grundstück entkrautet haben (es war so eine Art Dschungel incl. Hopfenlianen und Palmen und so…). Jetzt hat sich eine Hundsrose angesiedelt, die schon richtig groß geworden ist. Der Mann hat sie um einen Rosenbogen gewunden, der noch im Schuppen stand. Mal gucken, wie sie sich entwickelt. Jedenfalls werden wir jetzt neben Schlehen, Holunderbeeren, Birnen, Weißdornbeeren, Wal- und Haselnüssen auch Hagebutten im Garten haben 🙂

Neulich haben eine Austauschpartnerin und ich darüber sinniert, wie viele Sachen wir in diesem Jahr schon gekauft haben, abgesehen von Dingen des täglichen Bedarf und Lebensmitteln. Ich kam auf insgesamt 23, wovon der Großteil Bücher bzw. Lernmaterialien waren. Zwei medizinische Geräte, eine Wolldecke und ein Rasierer waren auch dabei. Allerdings habe ich mir seitdem schon wieder ein paar mehr Dinge gekauft, u.a. ein T-Shirt und einige Bilder für mein Zimmer. Habe fast zwei Jahre lang mit leeren Wänden und Regalen gelebt und jetzt war der Wunsch dann doch da, mir etwas Schönes hinzuhängen, das mich beruhigt und erfreut, aber da wir noch nie viele Bilder hatten, konnte ich nichts Altes aufmotzen und erneut hinhängen.

Es wäre natürlich verfrüht, ein Fazit zu ziehen, aber ich glaube, durch das UWYH-Experiment gucke ich noch genauer hin, was ich kaufe, und in der Regel kaufe ich auch nichts mehr spontan, sondern packe es erstmal auf meine Wunschliste (abgesehen von Sachen, die ich wirklich brauche – ich müßte jetzt nicht erst abwägen, ob neue Patronen oder Vokabelkarten wirklich benötigt werden). So habe ich schon eine Menge Dinge nicht gekauft. Was ich immer noch bemerke, ist dieser Frustkauf-Impuls. Wenn es mir schlecht geht (was dank meinem Blödschuhmacher fast täglich passiert), würde ich oft gern einfach was bestellen. Oder wenn ich aufstehe, dann hoffe ich, daß für mich ein Paket mit schönen Sachen angekommen ist (obwohl ich nix bestellt hatte). Dinge sind ja oft so eine Art Burg, die man um sich herum anhäuft, und wenn ich mich schmerzig/wehleidig/genervt/… fühle, dann spüre ich das Bedürfnis, mich hinter „Zeug“ zu verkrümeln, sehr deutlich. Welche Funktion Essen in diesem Konstrukt erfüllt, weiß ich noch nicht recht, aber ich merke durchaus, daß mir in meinem Hausarrest das tägliche Essen noch wichtiger geworden ist als es das ohnehin schon war. Ich meine, acht Monate daheim ohne auch nur zwei Schritte gehen zu können, das ist schon hart, und da braucht man auch was, auf das man sich freuen kann. Und egal, wie leer meine Regale oder Wände sind, ein minimalistischer Esser werde ich nie werden 😀

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