Gelesene Bücher im Januar 2022

  • Gusel Jachina: Suleika öffnet die Augen. Roman, aus der Bibliothek. Suleika lebt ihrem Mann und dessen Mutter treu ergeben und ausgebeutet in einem tatarischen Dorf, als die Entkulakisierung beginnt. Ihr Mann wird von Ignatow, einem Soldaten, erschossen, ihre Schwiegermutter bleibt zurückt, als Suleika aus ihrem eigenen Haus vertrieben wird. Zunächst wird sie in der Stadt eingekerkert, dann durchleidet sie eine mehrere Monate andauernde Reise in einem zugigen Güterwagen auf dem Weg nach Sibirien, bei der Ignatow der Kommandant ist und Suleika feststellt, daß sie schwanger ist. Zu ihrem Glück befindet sich ein Chirurg und Gynäkologe unter den anderen Deportierten. Mit knapper Not entgeht sie schließlich bei ihrer Verschiffung in die sibirische Taiga dem Tod durch Ertrinken und gebiert an einem Lagerfeuer ihren Sohn Jusuf, ihr viertes Kind. Ignatow, der für den Tod von fast 800 Menschen verantwortlich gemacht wird, obwohl ihm doch selbst die Hände gebunden waren, wird dazu abgestellt, eine Siedlung mitten im Wald aufzubauen. Den ersten Winter überleben die Verbannten nur mit knapper Not. Schließlich jedoch, während die Jahre ins Land gehen, entwickelt sich Semruk, wie die Siedlung genannt wird, prächtig weiter. Zwischen Suleika und Ignatow entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte, immer gebremst von deren Sorge um ihren Sohn und ihren Gewissensbissen ihrem Mann gegenüber. Für mich blieb das Buch an vielen Stellen ein wenig unbefriedigend. Das einzige Mal, daß Suleika etwas mehr als ein einziger Satz vergönnt ist, erzählt sie ihrem Sohn eine Geschichte. Das Buch wird als Frauenroman gefeiert, was ich nicht recht passend finde, denn es erzählt gleichermaßen die Geschichte Ignatows. Alles in allem hat es mich gut unterhalten. Solide 4/5.
  • Linwood Barclay: Kenne Deine Feinde. Thriller, aus der Bibliothek. Der 18jährige Jeremy soll im Vollrausch ein Mädchen überfahren haben, das noch am Unfallort seinen Verletzungen erlag. Die Strategie seines Verteidigers war es, ihn als „Riesenbaby“ darzustellen, das die Konsequenzen seiner Handlungen nicht überblicken kann. Der Plan geht auf: Jeremy kommt frei, leidet jedoch unter seinen Schuldgefühlen und dem Haß, der ihn in den sozialen Medien entgegengebracht wird. Seine Familie engagiert daraufhin Cal Weaver, einen Privatdetektiv, um den Jungen zu beschützen. Zeitgleich wird ein junger Mann entführt, zwei Tage lang narkotisiert gehalten und dann wieder freigelassen – mit einem Tattoo auf dem Rücken, das er vorher nicht hatte. Und dann ist da noch ein anderer junger Mann, ein Pädophiler, den ebenfalls jemand entführt und narkotiert hat, bevor ihm ein Hund ein paar Körperteile abgebissen hat. Wie hängen diese Fälle zusammen? Und wer ist hier schuldig, wer unschuldig? Solider Thriller, aber wenig überraschend. 3,5/5. Geht in den Bücherschrank.
  • Jonathan Kirchbichler: Aufzeichnung eines Unbekannten – Outlander Edition. Roman, geschenkt bekommen. Im Jahr 2133 ist die Erde ein lebensfeindlicher Ort geworden. Der Staatenbund ist zerbrochen und die paar Menschen, die es noch gibt, leben in Bunkern. Sophia, eine junge Frau, wird zusammen mit einer Gruppe von Menschen mit dem Auftrag losgeschickt, ein Raumschiff, in dem Kampfroboter hergestellt werden, zu vernichten, doch der Weg dorthin ist beschwerlich und gefahrvoll. Die Auflösung dieses Romans ist ganz anders als erwartet und hat mir gut gefallen. Meiner Ansicht nach hätte der Autor etwas mehr Sorgfalt auf die Ausarbeitung der Charaktere, die Rechtschreibung, Zeichensetzung und Wahl der Tempora verwenden dürfen. 2/5. Geht in den Bücherschrank.
  • Ann Bear: Die Farben des Jahres. Roman, gebraucht gekauft. Der Roman erzählt vom Alltag einer englischen Frau im Mittelalter, die der Leser durch ein Jahr begleitet. Hunger und Kälte, Krankheiten, Tod und andere Nöte gehören zum Alltag, und jeder in der kleinen Dorfgemeinschaft kennt seinen Platz ganz genau. Einen echten Spannungsbogen gibt es nicht; der Roman plätschert dahin – und genau darin liegt auch sein Reiz. Ich habe das Buch sehr gern gelesen. 4/5.
  • Tomás Bárbulo: Versammlung der Toten. Thriller, aus der Bibliothek. Guapo und seine Kumpels werden von einem Juwelier dafür angeheuert, aus einem Safe in Marrakesch 6 Millionen in Klunkern zu stehlen, wofür er ihnen auch gleich einen Maghreb-Araber vermittelt, der ihnen als ortskundiger Führer helfen soll. Noch auf spanischem Territorium ergeben sich die ersten Probleme, denn einer der Freunde hat gerade einen vierfachen Mord begangen, die Partnerin eines anderen Freundes ist ein Flittchen und der Araber scheint auch nicht so harmlos zu sein, wie er scheint. Das Ende war sehr überraschend, der Weg dahin allerdings etwas mühevoll, denn es gibt keine Hauptfigur und man identifiziert sich als Leser auch mit niemandem, weil alle unsympathisch sind. 2,5/5.
  • Alexander von Humboldt: Die Rußland-Expedition. 1829 unternimmt Humboldt seine zweite große Reise: auf die Einladung des russischen Zaren hin wird er 19.000 km auf russischem Gebiet reisen, um zu erfassen, mit welchen Bodenschätzen der Zar rechnen darf, der es vor allem auf Edelsteine, Gold und Platin abgesehen hat. Humboldt und sein Begleiter Rose dokumentieren diese Reise mit Tagebucheintragungen und Briefen in die Heimat, doch es wird ersichtlich, daß den Forschungsreisenden die Zensur im Nacken sitzt: überallhin werden sie begleitet und mit Festlichkeiten sollen sie davon abgelenkt werden, daß das Russland des Zarenzeit ein Staat ist, der auf Zwangsarbeit und Deportation ruht. Insbesondere die beiden Aufsätze, die den Aufzeichungen Humboldts und Roses angefügt sind, helfen bei der Einordnung der hier zusammengefaßten Dokumente. Das Buch ist schon interessant, läßt aber durch die Zensur russischerseits vieles missen. 3/5.
  • Joseph Finder: Nightmare. Thriller, aus dem Bücherschrank (dahin geht er auch wieder zurück). Jake muß für seinen Chef einspringen und an einer Klausur der Topmanager seiner Firma, einem Flugzeughersteller, teilnehmen, wo es um Teambildung gehen soll. Doch soweit kommen die Manager gar nicht, denn ein paar Männer dringen in die Lodge ein und wollen von ihren Geiseln 100 Mio. Dollar erpressen. Jake, der als Jugendlicher wegen gewalttätigen Verhaltens mal im Jugendknast gewesen war, kann natürlich alle Eindringlinge der Reihe nach ausschalten. Sehr vorhersehbar, trotzdem unterhaltsam. 3/5. Geht in den Bücherschrank.
  • Tim Winton: Die Hütte des Schäfers. Roman, geschenkt bekommen. Der 15-jährige Jaxie Clackton ist der, der nach dem Tod der Mutter die Schläge des Vaters abbekommt. Dann versteckt er sich, bis dieser betrunken genug ist, um einzuschlafen. Eines Abends jedoch entdeckt er seinen Vater tot in der Garage: offenbar hat der Wagenheber versagt und ihn zerquetscht. Jaxie fürchtet, daß er für den Tod des Vaters verantwortlich gemacht werden könnte und rennt daher Hals über Kopf in die westaustralische Wüste, wo er zwischen alten Goldgräberhütten und einem Salzsee auf den alten Fintan MacGillis stößt. Die beiden gehen eine Zweckgemeinschaft ein, bis Jaxie eines Tages eine riesige Marihuana-Plantage entdeckt, deren Besitzer sich auf die Suche nach dem Jungen und dem alten Mann machen… Das Setting und die Figuren waren spannend und das Buch hätte etwas Besonderes werden können, aber irgendwie hat es mich nicht erreicht. Die Sprache ist bemüht rotzig, die Beziehung der beiden Hauptfiguren zueinander erschließt sich mir nicht und das Ende war absehbar. 3/5. Geht in den Bücherschrank.
  • Alexander Sutherland Neill: Die grüne Wolke. Neill, der die Summerhill-Schule gegründet und geleitet hat, hat diese Geschichte einer Gruppe von Neunjährigen im Jahr 1938 erzählt. Das Besondere ist, daß die Kinder nach jedem Kapitel selbst zu Wort kommen. Mit diesem Buch sind für mich sehr schöne Kindheitserinnerungen verbunden und ich lese es immer mal wieder gern. 4/5.
  • Sebastian Fitzek: Noah. Thriller, geschenkt bekommen. Ein Mann, in dessen Handfläche das Wort Noah eintätowiert und dessen Schulter von einer Kugel getroffen wurde, wird von einem Obdachlosen gesund gepflegt. Eine schwangere Reporterin einer New Yorker Zeitung wird von ihrem Chef in ein verstecktes Verhörzimmer verschleppt. Eine Mutter, die ihr Baby nicht ernähren kann, versucht, aus einem der Slums in Manila zu flüchten. Auf einen Pharma-Mogul wird ein Attentat verübt. Zeitgleich grassiert die hochansteckende und hochlethale Manila-Grippe. Wie üblich verknüpft Fitzek Ereignisse, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, zu einem temporeichen und völlig abwegigen Thriller. Jedesmal, wenn ich etwas von ihm lese, schwöre ich mir, daß es das letzte Mal gewesen ist, und dann plumpst mir doch wieder eins seiner Bücher in den Schoß 😉 Alles in allem unterhaltsam, aber die fitzektypischen Logiklücken machen mir wie immer zu schaffen. 3/5. Geht in den Bücherschrank.

abgebrochen:

  • Jacek Hugo-Bader: Ins eisige Herz Sibiriens. Reisebericht, aus der Bibliothek. Ich habe einen schlüssigen, am besten auch noch chronologisch nachvollziehbaren Reisebericht erwartet und eine Art Drogentrip in eine dystopische Gesellschaft voller Korruption, Gewalt und Schmutz bekommen. Nö, danke. Abgebrochen auf S. 40.

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