Gelesene Bücher im Juni 2021

  • Nigel Barley: Traurige Insulaner. Sachbuch, aus der Bibliothek. Barley, seines Zeichens Ethnologe, hat für die BBC eine Dokureihe über das UK gedreht und faßt in diesem Buch seine Erkenntnisse zusammen. Er geht den Fragen nach, warum die Engländer heiraten, wie sie heiraten, welchen Stellenwert die Kirche hat und welche Begräbnisriten als unabdingbar gelten. Interessant und teilweise bitterböse. Hat mir richtig gut gefallen 🙂 4/5.
  • Bernd Galeski: Erziehung im Namen Gottes – wie Eltern Kindern Leid zufügen. Sachbuch, aus der Bibliothek. Galeski, der bis zu seinem 37. Lebensjahr bei den Zeugen Jehovas war, beschreibt in diesem Buch, welchen Einfluß die monotheistischen Religionen auf die Erziehung haben. Insbesondere widmet er sich der Betrachtung der Gewalt, die von Eltern auf ihre Kinder ausgeübt wird, um ihnen „Respekt und Gehorsam“ einzubleuen, und der Genitalbeschneidung bei Mädchen und Jungen. Eigentlich ein wichtiges Buch, aber Galeski wiederholt sich sehr oft und bringt dabei immer wieder dieselben Argumente, so daß die Lektüre etwas zäh ist. Auch finde ich, daß er verpaßt, neben den sich aufopfernd um ihre Kinder kümmernden und den despotisch-gewalttätigen Eltern noch wenigstens eine dritte Elterngruppe zu porträtieren: diejenigen nämlich, die sich nach Kräften bemühen, eigene Traumata zu überwinden und die bestmöglichen Eltern für ihre Kinder zu sein, dabei aber einfach manchmal Fehler machen. Daher nur 3/5.
  • Gabriel García Márquez: Zwölf Geschichten aus der Fremde. Kurzgeschichtensammlung, aus dem Bücherschrank. Ich mag Bellestristik nicht so besonders, aber ich wollte unbedingt mal was von García Márquez lesen – frage mich jetzt allerdings, wieso, hehe 🙂 Das Problem fiktionaler Literatur ist für mich immer dasselbe: alles, was nur angedeutet wird und numinos bleibt, ist für mich nicht nachvollziehbar, so auch hier. Es fühlt sich an, als würde ich das eigentliche Spektakel verpassen, und das ist unbefriedigend. Ich vermisse die Logik in den Geschichten, die Stringenz, den Zusammenhang. Habe versucht, mir die Kurzgeschichten (zum Teil) von Google erklären zu lassen, aber das half auch nicht viel weiter. Wie so oft verstehe ich nicht, warum ein Autor für so ein Stück Literatur gerühmt wird – für mich ist es undurchschaubar, unverständlich und daher langweilig. 1/5.
  • Gerry Kennedy und Rob Churchill: Der Voynich-Code: das Buch, das niemand lesen kann. Sachbuch, aus der Bibliothek. In diesem Buch, das 2004 erschienen ist, versuchen Kennedy und Churchill, den damals aktuellen Stand der Voynich-Forschung zusammenzufassen. Da ihnen jedoch die Ergebnisse der Datierung, die ein paar Jahre später vorgenommen wurde, noch nicht vorlagen, ist ein Großteil des Inhalts inzwischen obsolet. Abgesehen davon finde ich viele ihrer Ideen und Schlußfolgerungen bedenkenswert und interessant, doch leider ist die Lektüre teilweise etwas zäh. Abgerundet wird das Buch durch eine Vielzahl von Abbildungen. 3/5.
  • Julia Schnetzer: Wenn Haie leuchten – eine Reise in die geheimnisvolle Welt der Meeresforschung. Sachbuch, aus der Bibliothek. Schnetzer erzählt von leuchtenden Fischen und Albatrossen, die als Spione arbeiten. Von Meeresschnecken, die mit ihrem lindenblattartigen Rücken Phytosynthese betreiben können, und von Rauchschloten in der Tiefsee. Solche Bücher finde ich absolut faszinierend. Das Einzige, das mich etwas gestört hat, war die Mischung aus Wissenschaftlichkeit und Umganssprache – das paßte nicht so richtig zusammen. Alles in allem 4/5.
  • Sebastian Fitzek: Passagier 23. Thriller, aus der Bibliothek. Martin Schwartz, der als verdeckter Ermittler arbeitet, hat vor fünf Jahren seinen Sohn und seine Frau bei einem erweiterten Selbstmord auf einem Kreuzfahrtschiff verloren. Nun wird er von einer Frau kontaktiert, die behauptet, der Teddy seines Sohnes sei bei einem Mädchen auf genau demselben Kreuzfahrtschiff gefunden worden, nachdem es zwei Monate wie vom Erdboden verschwunden war. Offenbar hatte ein Serienkiller das Mädchen in seiner Gewalt. Schwartz beginnt, auf dem Kreuzfahrtschiff zu ermitteln, und stößt auf Ungeheures. Ich fand den Roman wie bisher alles, was ich von Fitzek gelesen habe, irgendwie wirr. Es werden sehr viele Fäden aufgenommen, teilweise aber nicht weiter- oder gar zuende geführt, so daß man sich beim Lesen fühlt, als habe man zuviele Spielkarten auf der Hand. Das Ende war überraschend, ja, aber auch wirklich krass an den Haaren herbeigezogen. Spoiler: Zehnjährige vergessen nicht, wer ihr Vater ist. Gut gefallen hat mir das begrenzte Setting auf dem Kreuzfahrtschiff.  4/5.
  • Merlin Sheldrake: Verwobenes Leben. Sachbuch, aus der Bibliothek. Sheldrake widmet dieses Buch den Pilzen und den sog. Mykorrhiza, also dem netzwerkbildenden Mycel. Er erzählt von Pilznetzwerken, die tausende von Jahren alt sind, von der symbiotischen Beziehung zwischen Pilzen und Pflanzen und zwischen Pilzen und Menschen, von Flechten, die viel mehr sind als „nur“ eine Kombination von Alge und Pilz, von neuen Ansätzen bei der Wiederbelebung verödeter Naturräume und von neuen Pilzprodukten wie dem Pilzleder oder Psychopharmaka auf Pilzbasis. Obwohl das Buch wissenschaftlich geschrieben ist, entwickelt es einen starken Sog, so daß man sich am Ende selbst ein wenig berauscht fühlt. 4,5/5.
  • Silvia K.: …doch helfen mußte ich mir selbst. Sachbuch, aus dem Bücherschrank, in den es auch zurückkehren wird. Silvia ist ein problematisches Kind. Ihre Mutter gibt sie an ihre Großeltern, mit neun Jahren wird sie von einem Bekannten vergewaltigt. Anstatt das Mädchen aufzufangen, schieben die Großeltern sie mehrfach ins Heim ab, von wo sie abhaut. Als sie mit 16 zu den Großeltern zurückkehrt, läßt sie sich auf die falschen Leute ein und landet schließlich als Sexsklavin bei einem sadistischen Ehepaar. Nach 15 Monaten gelingt ihr die Flucht, die Täter werden später verurteilt, doch Silvia fängt sich nicht mehr: zwei Kinder von zwei Männern, von denen sie einen heiratet, der sich dann aber als gewalttätiger Drogi entpuppt. Am Ende läßt sie sich von ihm nicht nur vermöbeln, sondern auch anfixen. Wenn man ein Buch darüber lesen möchte, wie man die dümmstmöglichen Entscheidungen trifft, wäre das hier perfekt. Ansonsten ist es schwer zu ertragen und mir mangelt es auch an Mitgefühl für jemanden, dem zig Hände gereicht werden, der aber keine ergreift. 1/5.

Abgebrochen:

  • Caroline Rosales: Sexuell verfügbar. Sachbuch, aus der Bibliothek. Das Thema hat mich interessiert, aber der angeschlagene Ton ging mir eigentlich von der ersten Seite weg auf die Nerven. Ich weiß auch nicht, habe oft den Eindruck, Verfasser feministischer Literatur haben an sich den Selbstanspruch, so eine Art Quengelton zwischen Anklage, Moral und Trauerrede treffen zu wollen (falls ja, ist das jedenfalls gelungen). Abgesehen von diesem Ton bin ich es ein wenig müde, daß auch Feministinnen nichts Intelligenteres einfällt als daß der Mann (TM) für jede Misere in der Gesellschaft, insbesondere natürlich für die Misere der Autorin selbst, verantwortlich ist. Das ist mir zu klischeehaft, zu einseitig gedacht. Beispiel: die Autorin verweist darauf, daß sie Sex als junge Frau als Leistung gesehen hat, die sie für den Mann erbringen muß, und daß sie auch im Kreis anderer junger Frauen nur etwas zählt, wenn ihre „Fuckability“ groß genug ist, woran halt der Mann im Allgemeinen Schuld ist, weil die böse patriarchale Gesellschaft blabla undsoweiter. In diesem Szenarium ist die Frau (TM) auf die Rolle des durch männliche Sexvorstellungen infiltrierten Opfers reduziert, das quasi gar nicht selbst denken und fühlen kann und daher stumpf abliefert, was für männliches Publikum gedrehte Pornos als Norm hinklatschen, ohne das zu hinterfragen und vor allem ohne überhaupt die Idee zu haben, eine eigene Sexualität zu entwickeln. Wenn das echt so ist…also, da muß man sich schon fragen, was Rosales für ein Frauenbild hat… :twisted:

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