Letzte Woche hat mich eine Argentinierin auf Conversation Exchange angesprochen. Sie lernt Englisch und da ich Englisch fließend spreche, wollte sie sich gern mit mir austauschen. Letzte Woche haben wir schon mal versucht, uns zu treffen, doch sie mußte spontan absagen. Heute hatten wir unseren Ersatztermin, um 15 Uhr in meiner Zeitzone. Leider erschien sie nicht. Um 15.20 Uhr bin ich dann also gegangen und habe ihr nur kurz geschrieben, daß ich 20 Minuten gewartet hätte und nun gehen würde. Ihre Reaktion kam prompt: es sei doch noch gar nicht an der Zeit, genaugenommen sogar 40 Minuten zu früh. Zum Beweis schickte sie mir auch einen Screenshot und tatsächlich, es war in ihrer Zeitzone noch viel zu früh.
Wir beide waren völlig verwirrt und verabredeten uns für den Abend. Dazu muß ich sagen, daß ich in der ganzen Zeit, in der ich schon den Austausch pflege, sehr unterschiedliche Erfahrungen mit Menschen gemacht habe. Darüber schrieb ich hier ja auch schon mal. Es gibt durchaus Leute, die einen ständig versetzen und dann völlig empört reagieren, wenn man sagt, das war’s jetzt für mich. Aber woher unser Problem kam, konnte ich mir nicht erklären, weil meine andere argentinische Austauschfreundin und ich eben vier Stunden zeitversetzt leben. Jedenfalls dachte ich das. Wie sie mir aber nun heute Nachmittag erzählte, hat die argetinische Regierung vor etwa zwei Jahren die Abschaffung der Zeitumstellung beschlossen, sprich: wegen der blöden Zeitumstellung leben wir nun fünf statt wie bisher vier Stunden auseinander *lol* Mystery solved!
Heute Abend jedenfalls hatten die Dame aus Buenos Aires und ich ein fast anderthalb Stunden dauerndes Gespräch und es war sehr nett. So nett, daß wir direkt beschlossen haben, es zu wiederholen.
Ich habe bei diesem Gespräch ein paar Dinge herausgefunden, die mir bisher nicht wirklich klar waren (mal abgesehen von spanischer Grammatik). Zum einen habe ich viel mehr innere Ruhe gewonnen. Ich bin immer noch nervös vor solchen Gesprächen, vor allem mit neuen Leuten, aber in der Regel kriege ich mich recht schnell wieder ein und kann dann auch klar denken und vernünftig sprechen. Gleichzeitig ist mir aufgefallen, daß mein Gegenüber oft viel nervöser wirkt (oder ist) als ich. Das macht mir wirklich Mut. Es tut gut, zu wissen, daß auch andere soziale Ängste haben. Zum anderen ist mir bewußt geworden, daß ich eigentlich jetzt schon ein alter Austausch-Hase bin. Ich weiß, wie man ein Gespräch am Laufen hält, wie man dafür sorgt, daß der andere erzählt (nämlich indem man Fragen stellt) und sich entspannt (indem man lächelt, nickt und zusichert, daß er das schon sehr gut kann).